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„Guten Morgen, Du Schöne“

geschrieben von Natascha Mester im Juli 2014

Eine Liebeserklärung

In erster Linie ist Janine Jüntschke für ihre kompetenten Rathaus­führungen bekannt und für ihr fundiertes Wissen, das sie täglich an zahlreiche Besucher weitergibt. Und dann ist da noch ihre große Zuneigung zu Lüneburg. Eine Liebeserklärung

Guten Morgen, Du Schöne“ — mit diesen Worten begrüßt Janine Jüntschke allmorgendlich das Rathaus, wenn sie die Treppen emporsteigt, das weiche Morgenlicht durch die hohen Fenster fällt und das Holz den urtümlichen Duft einer 784 Jahre alten Vergangenheit atmet. In diesen Mauern lebt die Historie der Stadt.
Liebe auf den ersten Blick sei es gewesen, lächelt die 26-Jährige, als sie 2008 in der Hansestadt an der Ilmenau eintraf, um das Studium der Kulturwissenschaften und der Wirtschaftspsychologie anzutreten. Seither ist sie überzeugte Lüneburgerin und beabsichtigt nicht, dies in absehbarer Zeit zu ändern. Geboren und aufgewachsen in Nieder­sachsen, hat sie dem Bundesland die Treue ge­halten. Ein Nordlicht sei sie durch und durch, das sei ihr während einer einjährigen Stippvisite in München noch einmal deutlich geworden und auch auf ihren Reisen, die sie nach Uganda oder Thailand führten und viele tausend Kilometer weit über den heimischen Tellerrand blicken ließen. Überhaupt ist es das Reisen, das ihr immer wieder einen neuen Blick auf die Dinge eröffnet, ihr Bewusstsein für das Wesentliche öffnen.

Lüneburg? Liebe auf den ersten Blick sei es gewesen, lächelt die 26-Jährige.

Als sie 2011 ihren Bachelor in der Tasche hatte, sollten erneut ein längerer Auslandsaufenthalt und anschließend ein Praktikum folgen. 14 Länder in sechs Monaten bereiste sie dann auch auf ihrer Weltumrundung, bevor sie im Frühjahr 2012 die Nachricht erreichte, dass bei der Lüneburg Marketing ein Praktikumsplatz im Veranstaltungs­bereich für sie frei sei. Danach war eigentlich eine Fortsetzung des Studiums mit abschließendem Master geplant. Doch das Leben geht manchmal eigentümliche Wege „Ich wurde gefragt, ob ich die Rathausführungen übernehmen wolle“. Sie wollte und fand damit zu ihrem heutigen Arbeitsplatz – dem schönsten der Welt, wie sie wiederholt betont! Bei der Lüneburg Marketing ist sie seither angestellt und zuständig für die gesamte touristische Organisation im Rathaus, zu der sowohl die Führungen und deren Ausarbeitung, als auch die Zusammenarbeit mit Stadt und Honorarkräften und das Erstellen von Statistiken zählen.

Sich bei den Führungen auf ein Thema zu reduzieren, sei nicht leicht; zu viel Wissenswertes gibt es zu vermitteln.

Das Ehrfurcht erregende Quantum Wissen, das man braucht, um während der Führungen „aus dem Nähkästchen zu plaudern“ und Fragen fundiert beantworten zu können, hat sie sich durch eine bewundernswerte Dis­ziplin erarbeitet: „Ich habe Bücher gewälzt, mich mit Kollegen und erfahrenen Stadtführern ausgetauscht – und doch ist es immer noch ein stetes Weiter­lernen, um diesem Haus all seine Geheimnisse und Fakten zu entlocken.“ Ihre Triebfeder ist ihre Neugierde, die sie weiterhin mit wachem Blick durch die einzigartigen Räume gehen und Nachforschungen anstellen lässt. Sich bei den Führungen auf ein Thema zu reduzieren, Schwerpunkte zu setzen, sei daher alles andere als leicht, viel zu viel Inhalt gebe es zu vermitteln, viel zu viel Wissenswertes weiß sie mittlerweile zu erzählen. Ob eine allgemeine Vorstellung des Hauses, Redewendungen aus dem Mittelalter oder ein Überblick über die gesamten Räumlichkeiten: Die ­öffentlichen Führungen, die Janine Jüntschke dienstags bis samstags um 11.00, 12.30, 14.30 und 16.00 Uhr und sonntags um 11.00 und 14.00 Uhr anbietet, haben es inhaltlich in sich und sind längst nicht nur für Touristen ein begehrtes Muss; auch alteingesessene Lüneburger erfahren hier noch Erstaunliches über ihr „erstes Haus am Platze“. Viele neue ­Themen warten bereits darauf, ebenfalls in Führungen zu Wort kommen zu dürfen.

Immer noch ist es ein stetes Weiterlernen, um diesem Haus all seine Geheimnisse und Fakten zu entlocken.

Janine Jüntschke wäre keine kunstgeschichtlich interessierte Lüneburgerin, wenn für sie nicht auch die Hanse ein reizvolles Thema wäre, eines, mit dem auch ihre Wahlheimat untrennbar verbunden ist. Seit den Lüneburger Hansetagen in 2012 ist sie als Botschafterin unterwegs und repräsentiert ihre Stadt auf den Hansetagen, die reihum im Land ausgerichtet werden. Zwar ging es dafür bisher keine tausende Kilometer in die Ferne, doch auch eine Reise nach Herford oder Lübeck vermitteln ein ganz besonderes Gefühl für das einstige Netzwerk dieses großen Handelsbundes. „Und ich kann die Begegnung mit den Besuchern nutzen, um sie nach Lüneburg, in die schönste Stadt der Welt, einzuladen. Das ist für mich eine große Ehre“, begeistert sich die Kulturwissenschaftlerin und meint es auch so. Und natürlich ergreift sie jede Gelegenheit beim Schopfe und fragt nach dem kürzesten Weg zum Rathaus der Stadt, um sich davon überzeugen zu können, ob es in der Fremde ein eben so schönes Haus gibt wie das ihre in Lüneburg.(nm)

Foto: Enno Friedrich

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