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Kuscheliger Anden-Import

geschrieben von Irene Lange im November 2014

Sie stammen ursprünglich aus den Südamerikanischen Anden und sind mittlerweile auch bei Astrid Heidenreich in Häcklingen zu Hause: Vicugna pacos, das Alpaka, das zur Familie der Kamele zählt und sich durch einen ausnehmend friedfertigen Charakter auszeichnet

Ein Blick in diese seelenvollen Augen mit den langen Wimpern, und Astrid Heidenreich war verloren! Es war also im wahrsten Wortsinn die Liebe auf den ersten Blick, die sie mit den Alpakas für ihr künftiges Leben vereinen sollte.
In Halle betrieb Astrid Heidenreich einen Hofladen mit Schafen, Enten und Hühnern, bevor sie vor zwei Jahren nach Rettmer übersiedelte. Das Geschäft hätte sie sich lukrativer gewünscht, also suchte sie einen Coach auf der ihr riet: „Sie brauchen für ihren Hof ein echtes Highlight.“ Gar nicht so einfach, welche Tierart sollte dies sein? Zumal sie als Quereinsteigerin mit nur wenig Fachwissen in der Zoologie ausgestattet war.
Eigentlich ist Astrid Heidenreich gelernte Bankkauffrau und arbeitete lange Jahre in Leipzig in einem Bankhaus, als sie sich schlussendlich zu einem Branchenwechsel entschloss und sich damit einen langjährigen Traum erfüllte.
Der Rat der Fachfrau ging ihr nicht aus dem Kopf. In den folgenden Monaten wurde das Internet durchforstet, überlegt und recherchiert, bis sie schließlich über einen Bericht über Alpakas stolperte, die, so hieß es, einfach zu halten seien. Die Kamelart stammt aus den Anden und wird aufgrund ihres ruhigen Charakters und der weichen Wolle, die sie geben, geschätzt. Überzeugende Argumente – also machte sich Frau Heidenreich auf Weg zu einer Alpaka-Farm in Brandenburg. Und da überfiel sie sie dann – die Liebe auf den ersten Blick. Vier Exemplare waren es zunächst, denen sie auf ihrer kleinen Farm ein Zuhause schenkte. Entschieden hatte sie sich für die Huyacaya-­Alpakas, nicht zuletzt wegen deren fein gekräuselter Wollfasern – schließlich sollte die Wolle vermarktet werden.

Nach Lüneburg kam sie schließlich vor allem der Liebe wegen – sie folgte ihrem Lebensgefährten. Ihre Alpaka-Herde war zwischenzeitlich auf zwölf Exemplare der Anden-Kamele angewachsen, die Suche nach einer geräumigen Koppel in der Peripherie Lüneburgs war folglich eine Hürde, die zu nehmen war. Auch gab es zunächst Probleme wegen der speziellen Einzäunung, die erforderlich ist. Über 1,50 m Mindesthöhe muss diese verfügen und wolfssicher sein, was bedeutet, dass die Pfähle tief genug in den Boden getrieben werden müssen. Schließlich fand sie nahe an ihrem neuen Wohnort Rettmer ein geeignetes Gelände. Zurzeit bemüht sie sich noch um eine Koppel in Deutsch-Evern, stößt jedoch auch hier auf Schwierigkeiten durch Behörden-Auflagen, von denen sie allerdings hofft, dass sie sich aus dem Weg räumen lassen. „Die Bedenken begründen sich wohl hauptsächlich auf Berührungsängsten, weil es sich bei den Alpakas nicht um eine heimische Art handelt“.

Heute hat sie 34 Tiere, bestehend aus 15 Stuten, 14 Hengsten und fünf Wallachen. „Alpakas sind normalerweise äußerst friedliebende Tiere, aber manchmal gibt’s auch bei ihnen ein Machtgerangel“, lächelt die Besitzerin. „Und genau wie Lamas spucken sie, wenn sie sich streiten, der Rivale wird also einfach „weggespuckt“, erklärt sie. Auf diese Weise erzieht eine Stute auch ihr Fohlen.
Obwohl die Alpakas, die bis zu 20 Jahre alt werden können, problemlos zu halten sind, wenn sie den nötigen Lebensraum und das Futter – vorwiegend Heu, aber auch Zusätze – erhalten, ist ihre Pflege doch mit einem geraumen Zeitaufwand und Arbeitseinsatz verbunden. Das beginnt mit der morgendlichen Fütterung, bei der die Hengste von den Stuten getrennt werden müssen. Zudem wird die Koppel täglich von den Hinterlassenschaften der Tiere gereinigt. Hilfe und Unterstützung hat Astrid Heidenreich inzwischen auch vom Praktikanten Stefan Warnecke, und auch ihr Lebensgefährte packt tatkräftig an, wenn es erforderlich ist. „Ohne seine Hilfe könnte ich das alles nicht schaffen“, sagt sie.
Obwohl sie sich mit der Haltung der Alpakas einen Traum erfüllte, so ist sie doch darauf angewiesen, diesen Traum auch zu finanzieren, um irgendwann davon leben zu können. Mittlerweile hat sie sich auf den Verkauf der hochwertigen Wolle spezialisiert. Diese wird nach der Schur, die jeweils ein Fachmann vornimmt, nach Österreich zum Verspinnen geschickt. „Die besondere Eigenschaft der Wolle ist, dass die ­Faser sich selbst reinigt“, erklärt Astrid Heidenreich. Auf Märkten und über das Internet verkauft sie die Wollprodukte, darunter auch feine Filzarbeiten. Ein anderes Standbein ist die Zucht der Alpakas. „Jedes Tier hat seinen Namen und seinen eigenen Charakter“. Da ist zum Beispiel ihr Deckhengst „Esplendor“ (der Prächtige) oder Lambada, ihre erste Stute, die gerade wieder ein Fohlen – die kleine Jette — bekommen hat. Einige Tiere tragen ständig ein Halfter, damit sie sich daran gewöhnen. Sie können dann für Kindergeburtstage „gemietet“ werden oder auch für Wanderungen, denn aufgrund ihres ausgeglichenen Charakters werden Alpakas mittlerweile gerne als Therapie­tiere eingesetzt.
Bei geführten Besichtigungen auf dem Gelände haben Besucher Gelegenheit, die Tiere „hautnah“ zu erleben und mehr über ihre Haltung und Zucht zu erfahren. Weitere Infos über angebotene Wanderungen, Verkauf von Alpakaprodukten etc. finden Sie unter www.devils-stone-alpacas.de.(ilg)

Foto: Enno Friedrich

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