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Auf Tauchstation

geschrieben von Marietta Hülsmann im Oktober 2016

Wen es in die Tiefen heimischer Gewässer oder auch ferner Ozeane zieht, kann sich mit einem entsprechenden Tauchkurs beim VfL qualifizieren

Andrea Hödtke richtet ihren Daumen nach unten und schaut auf ihren Tauchpartner. Als dieser nickt, tauchen sie langsam im Kalkbruchsee ab. Luftblasen steigen an die Oberfläche, dann ist nur noch zu erahnen, wo die beiden Sportler gerade eben die Wasseroberfläche durchbrochen haben, um die Unterwasserwelt des Sees zu erkunden.
Ganz gleich, mit welchem der rund 200 Mitglieder der Tauchabteilung des VfL Lüneburg man spricht, alle bezeichnen die Schwerelosigkeit als die wohl größte Faszination beim Tauchsport. Dabei hat das Hobby durchaus auch seine „schweren“ Seiten – gerade an Land. Allein die Ausrüstung wiegt mit Pressluftflasche, Neoprenanzug, Blei und Lungen­automat mehrere Kilogramm. Ganz kostengünstig gestaltet sich dieses Hobby auch nicht: Schnell kommen da 1.500 Euro zusammen, wenn man sich eine eigene Ausrüstung anschaffen möchte, weiß Übungsleiter Björn Alex vom VfL Lüneburg. „Wir bieten deshalb Leihausrüstungen für zwölf Euro je Tag an“, so der erfahrene Hobbytaucher. Flossen, Schnorchel und Tauchermaske müssen angehende Unterwassersportler allerdings selbst mitbringen. Wer noch nicht im Besitz eines Tauchscheins ist – also das Tauchen erst einmal erlernen möchte –, hat diese Möglichkeit bei der angeschlossenen Tauchschule Ehrlich. Mit dem „Open Water Diving Kurs“ erhält man seine Grundaus­bildung, die nicht nur das Tarieren vermittelt, sondern auch erforderliche Sicherheitsmaßnahmen sowie den sicheren Umgang mit der Ausrüstung.
Bevor Andrea Hödtke und ihr Tauchpartner sich auf ihren heutigen Tauchgang im Kalkbruchsee begaben, wurden nicht nur Tauchziel und -dauer detailliert besprochen, sondern auch die Ausrüstung genau geprüft — und dies nicht nur bei sich selbst, sondern auch bei seinem Buddy, dem Partner, der jeden Tauchgang begleitet. „Ist genügend Druck auf der Flasche, funktioniert der Atemregler und sitzt die Ausrüstung richtig?“, beschreibt Andrea Hödtke einen kleinen Teil des sogenannten Buddy-­Checks. Genau wegen dieser Sicherheitsmaßnahmen, die grundsätzlich ausnahmslos eingehalten werden müssen, kann der Vorsitzende Lutz Nitsche anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Tauchabteilung des VfL Lüneburg auf eine Tat­sache besonders stolz sein: „Es gab nicht einen nennenswerten Unfall in der ganzen Zeit“, sagt der Sportler. Im Gegenteil, dem Verein ist es sogar gelungen, kranken und behinderten Menschen zu helfen. „Inclu-Dive“ heißt das Projekt, bei dem beispielsweise Querschnittgelähmte oder an Multipler Sklerose Erkrankte mit speziell ausgebildeten Tauchern des VfL Lüneburg ins Wasser gehen.

Überhaupt ist Tauchen ein Sport, der mehr Menschen ein- als ausschließt: „Unsere Jüngsten sind acht Jahre alt, unser ältestes Mitglied wird jetzt 70“, sagt Björn Alex. Wichtig seien allein ein gutes Herz-Kreislauf-System und gesunde Ohren. Zudem sei das Tauchen auch kein kompetitiver Sport, soll heißen: Statt sich ständig in den Wettkampf um einen ersten Platz zu begeben, zählen Kameradschaft und Verlässlichkeit. Dennoch warten auch sportliche Herausforderungen auf die Taucher. Die größte ist wohl das Tarieren im Wasser. Das vielbesungene Gefühl der Schwerelosigkeit erreicht man selten während des ersten oder zweiten Tauchgangs. „Manche Anfänger schnellen trotz der Bleigewichte wieder an die Oberfläche oder sie sinken tiefer als geplant“, erklärt Lutz Nitsche. Die Kunst bestehe darin, die zuvor festgelegte Tauchtiefe einzuhalten; ein Tauch-Computer, den jeder Sportler an seinem Handgelenk trägt, sowie das so genannte Tarier-Jacket helfen dabei.
Andrea Hödtke ist seit sieben Jahre passionierte Taucherin, ihr gelingt es mittlerweile spielend, die vereinbarte Tauchtiefe von fünf Metern zu halten. Sie und ihr Tauchpartner haben heute die große Seerunde geplant. Etwa eine knappe Stunde brauchen sie, um den Kalkbruchsee unter Wasser zu umrunden. Auch wenn sich Flora und Fauna nicht so farbenfroh zeigen wie im Südpazifik oder im Roten Meer — wohin der VfL Lüneburg übrigens einmal jährlich eine Tauchreise organisiert —, so ist das Unterwassererlebnis doch auch auf eigene Weise faszinierend. „Hechte, Karpfen, Welsen und Aalen begegnet man im Lüneburger Gewässer“, beschreibt die Sportlerin – sogar einer grie­chischen Göttin aus Stein — denn um die Orientierung unter Wasser zu erleichtern, hat der Tauchverein hier einige markante Gegenstände versenkt. Stolz ist man auf seinen „eigenen“ See, in dem seit 1996 Tauchfreudige ins kühle Nass gleiten dürfen. Für jeden ist das Gewässer allerdings nicht freigegeben, denn Eigentümer des Sees hinter der alten Fachhochschule in Volgershall ist der Angelverein Lüneburg.
Kleine Blasen kündigen jetzt die Rückkehr von Andrea Hödtke ihrem Tauchpartner an. Als ihre Köpfe über der Wasseroberfläche erscheinen, formt die Taucherin mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis, in der Tauchersprache bedeutet dies: Alles ok!(mh)


www.tauchen-vfl-lueneburg.de

Fotos: Enno Friedrich, VFL

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