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„Brautkleid schwarz-weiß“

geschrieben von Christiane Bleumer im Juli 2016

Brautmode im Laufe der letzten 150 Jahre: Rotraud Kahle stellt bis zum 24. Juli Brautkleider im Heinrich-Heine-Haus aus

Wenn es um das Thema Brautkleid geht, ist bei fast jeder Frau ein Funkeln in den Augen zu entdecken – schließlich ist kein anderes Kleidungsstück emotional und symbolisch so aufgeladen wie das Brautkleid. Diese Faszination kennt auch Rotraud Kahle, und so hat sie mit viel Arbeit und vor allem mit einer ganzen Menge Herzblut eine Ausstellung konzipiert, die bis zum 24. Juli täglich von 16.00 bis 19.00 Uhr im Heinrich-­Heine-Haus zu sehen ist. „Brautkleid schwarz-weiß“, so der Titel, beleuchtet, wie sich die Brautmode im Laufe der letzten 150 Jahre verändert hat.
Die Idee für eine solche Schau hegt Rotraud Kahle schon lange, denn historische Kleider und wertvolle Stoffe begeistern die Lüneburger Expertin für Kos­tüme seit Jahren. Im Laufe der Zeit entstand eine kleine Privatsammlung von etwa 20 Brautkleidern, zusätzlich startete die gebürtige Ostfriesin einen Aufruf in der Presse, der dazu führte, dass sich etliche Frauen angesprochen fühlten und ihre Hochzeitskleider zur Verfügung stellten. Insgesamt 50 Exponate zogen nun für die kommenden Wochen ins Heinrich-Heine-Haus um. Die auf Figurinen präsentierten Brautmoden gewähren den Besuchern einen intimen Blick auf den wichtigsten Tag im Leben der Trägerin. „Es ist ein Kleid, das stets viele Gefühle auslöst“, sagt auch Rotraud Kahle. „Jedes Brautkleid erzählt seine persönliche Geschichte“.

Da gibt es zum Beispiel das Brautkleid aus Duchesse von 1938, das von vier Schwestern im Laufe der Jahre auf ihren jeweiligen Hochzeiten getragen wurde. Spannend sind auch die Unterschiede, die deutlich werden, wenn Rotraud Kahle verschiedene Brautkleider ausstellt, die von den weiblichen Mitgliedern einer Familie in den unterschiedlichen Generationen stammen. Das Brautkleid der Mutter von 1946, dann ein 70er-Jahre Modell, das deren Tochter selbst anfertigte, bis hin zum jüngsten Hochzeitskleid von 2002, das wiederum einen gänzlich anderen Modestil offenbart.
Ungewöhnlich für die heutigen Generationen sind vor allem die historischen Brautkleider, denn damals trug man zur Eheschließung Schwarz. „Die für uns heute selbstverständliche Vorstellung von einer Hochzeit mit weißem Brautkleid und dunklem Anzug des Bräutigams nahm erst im 19. Jahrhundert ihren Anfang“, erläutert die Expertin. Etwa zur selben Zeit hatten auch erstmals spezielle Braut­moden ihren Platz in den damaligen Modezeitschriften gefunden. Die Kleider der jüngeren Zeit sind jedoch meistens von der Stange, statt Seide oder anderen wertvollen Materialien dominiert — ganz unromantisch — Polyester.
Doch ganz gleich, ob handgenäht oder im Kaufhaus erworben: Rotraud Kahle behandelt jedes Modell mit der gleichen Sorgfalt. „Viele Kleider habe ich gewaschen, dann teilweise in stundenlanger Arbeit hergerichtet und vor allem gebügelt, um sie möglichst gut präsentieren zu können“. Gerade die älteren Modelle aus Naturmaterialien dürfen nicht dem Sonnenlicht ausgesetzt werden und sind daher im obersten Stockwerk des Heine-Hauses auch nur in abgedunkelten Räumen zu besichtigen. Zu neuem Leben erweckt werden die Kleider durch die entsprechenden Hochzeitsfotos, die Rotraud Kahle von den Leihgeberinnen zur Verfügung gestellt bekam. Auf diesen ist auch nach Jahrzehnten noch die Feierlichkeit und das Glück jenes besonderen Tages zu spüren.(cb)

Fotos: Winfried Machel

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