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Das Hotel Wellenkamp

geschrieben von Irene Lange im Dezember 2016

Lüneburgs „Place to be“: Eine Legende schloss 1995 ihre Türen

Für die Lüneburger „Society“ gab es früher nur einen Ort, um zu speisen oder zu feiern. – und jeder, der etwas auf sich hielt, kannte die Adresse: das Hotel Wellenkamp Am Sande Nr. 9. Unter den Hotelgästen fand sich dann auch manch berühmte Persönlichkeit, so auch seine Hoheit Kaiser Wilhelm II, der noch vor dem Ersten Weltkrieg in Lüneburg logierte und einen Eintrag in das Gästebuch hinterließ. Ebenso war der eins­tige Bundespräsident Theodor Heuss unter vielen prominenten Personen als Gast im Wellenkamp. Zahlreiche Künstler wie Peter Alexander, Show­master Hans-Joachim Kulenkampff, Vico Torriani oder Heinz Rühmann reichen sich ebenfalls in die lange Liste ein.Für Lüneburg jeweils ein großes Ereignis, wenn sich herumsprach, dass wieder ein „Star“ in dem Hotel abgestiegen war. Es dauerte nicht lange, da wurde es vor dem Hotel eng, wenn Lüneburger Fans die Straße belagerten, um einen Blick auf die verehrten Persönlichkeiten zu werfen oder ein Auto­gramm zu erhaschen. Noch heute ist das Gästebuch mit den Eintragungen der VIP-Gäste im Museum für das Fürstentum Lüneburg einzusehen.

Unter den Hotelgästen fand sich manch berühmte ­Persönlichkeit – so auch Kaiser Wilhelm II.

Der letzte Hotelier August-Wilhelm, genannt „Auwi“, Rehbehn überließ es dem Museum, als er 1995 die Pforten des „Wellenkamp“ für immer schloss.
Der zweigeschossige Backsteinbau mit der prächtigen hohen Giebel­fassade ist um 1560 als Wohnhaus der Patrizierfamilie von Töbing erbaut worden. Ab 1765 war dann ein Hinrich Ripen Hauseigentümer. 1856 kaufte der Architekt August Wellenkamp das Anwesen und begann mit dem Umbau zum Hotel, das 1860 seine prunkvolle Eröffnung feierte. Zu seiner Zeit war er eine bekannte und angesehene Persönlichkeit der Stadt, ein ebenso kenntnisreicher Kunst- wie Altertumssammler. Sein Bruder August Wellen­kamp war der Gründer des Lüneburger Eisenwerks.
In den folgenden Jahren gab es weitere Eigentümer und Betreiber des ­Hotels mit Restaurantbetrieb, das weiterhin den Namen „Wellenkamp“ ­ihrem Tode 1956 Hotel und Restaurant. Danach folgte als alleinige Erbin die Tochter des Ehepaars Krüger, Lieselotte Rehbehn, mit ihrem Ehemann August als Teilhaber. Seinerzeit verfügte das Hotel über zwei Säle, 70 Betten, Frühstücks- und Kaminzimmer mit Bar, Schankraum und ­diverse Nebenräume. Auf Fotos, die in den 1950er-Jahren entstanden sind, trug das Gebäude damals über dem Eingang noch eine sogenannte Utlucht, die aus einem ehemaligen Orgel­stuhl aus der Lamberti-Kirche gebaut worden war.
Für die folgenden vier Jahrzehnte blieb das Hotel Wellenkamp das erste Haus am Platze. Sämtliche Institutionen wie Vereine, Logen, Rotarier, Lions Club und die Lüneburger Kaufleute oder Verbände der Stadt feierten hier ihre Bälle. Es herrschte ein unumstößlicher Dresscode — bei einem Besuch des Restaurants erschien Damen wie Herren ausnahmslos im „feinen Zwirn“.

1969 wurde das Hotel dann von „Auwi“ Rehbehn und seiner Ehefrau Ingrid sowie seiner Schwester Annegret übernommen. Er hatte die Gastronomie von der Pieke auf kennengelernt und wurde Küchen­meis­ter. 1978 nahm man größere Umbauten vor, die auch die Umgestaltung des Restaurants einschlossen, das mit neuem Mobiliar versehen und in „Oma Idas Stuv“ umbenannt wurde.
1995, nach über 25 Jahren, entschlossen sich die Eheleute Rehbehn, den Hotel­betrieb aufzugeben. Den gesamten Komplex kaufte die Firma Manzke, um hier nach umfassenden Umbauten u. a. Wohnungen entstehen zu lassen. Die unter Denkmalschutz stehenden Gebäudeteile wurden erhalten. Ein Restaurantbetrieb war jedoch weiterhin im unteren Bereich des Hauses untergebracht, heute ist es das Restaurant „Piccanti“. Zwar gehören die Glanzzeiten des weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Hotels „Wellenkamp“ heute der Vergangenheit an, doch wird diese Ära wohl vielen noch lange in Erinnerung bleiben.(ilg)

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