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Die Füße geben den Ton an

geschrieben von Marietta Hülsmann im Januar 2017

Clogging, ein Verwandter des Stepp-Tanzes, ist ein leicht zu erlernender Gute-Laune-Garant

Fünf, sechs, sieben, acht: Lieselotte Lebuser und die so genannten „Jingle-Tabs“, metallene Plättchen unter den schwarzen Steppschuhen, geben den Takt vor. Sie ist der „Instructor“ der Clogging-Gruppe des Hochschulsports und nicht nur für das Lehren dieses Tanzes zuständig, sondern auch für das Ansagen der jeweiligen Schrittfolgen. Clogging-was? Wer jetzt eine Verbindung zu den Clogs, den Holzlatschen, sucht, ist sprichwörtlich auf dem Holzweg. Dieser aus Nordamerika stammende Stepptanz, der sich aus unterschiedlichen Volkstanzformen entwickelt hat, ist hierzulande zwar noch nicht in aller Munde, doch wird sich dies in naher Zukunft zweifellos ändern.

Beim Clogging handelt es sich um einen äußerst mitreißenden und gute Laune produzierenden Tanzsport, der vorzugsweise zu schwungvoller Bluegrass- oder Country-Musik getanzt wird. Wer einmal geschnuppert hat, kommt nicht mehr los, weiß Lieselotte Lebuser, die nun laut „Outhouse“ in den Trainings­saal ruft, worauf die Tänzerinnen augenblicklich die entsprechenden „Steps“ tanzen. „Jetzt Ball-to-­ball“, lautet die Ansage, die Gruppe springt wie eine große tanzende Einheit von einem Fußballen auf den anderen, die Tabs schlagen einen einheitlichen Rhythmus, das Parkett schwingt bei jedem Schritt.
Auch Lieselotte Lebuser kam vor Jahren über den Hochschulsport zum Steppen. „Meine Tochter tanzte während ihres Studiums im Unisport“, erinnert sie sich, „und ich war von der Idee begeistert, mit den Füßen ‚Musik‘ zu machen.“ Eine Studentin leitete damals den Kurs. Als diese aufhörte, drohte die Auflösung der Gruppe. Lieselotte Lebuser zählte da bereits zu den fortgeschrittenen Tänzerinnen und übernahm kurzerhand die Leitung, besuchte Fortbildungskurse und schaute sich neue Schrittfolgen im Internet an — wo ihr Clogging über den Weg lief. „Anfangs habe ich diese neue Variante, die so gar nicht dem klassischen Stepptanz entsprach, abgelehnt“, erinnert sich die Tanzlehrerin, „die klassische Form, das war mein Ding.“ Dann aber offenbarte sich ihr der große Vorteil: Bereits mit wenigen Schrittfolgen hat man das Gefühl, tanzen zu können, verbucht man erste kleine Erfolgs­erlebnisse.“

Ein Grundrepertoire von elf Schrittfolgen lernt man bereits im Anfängerkurs. Aus diesen fügen sich dann sämtliche Choreographien zusammen. „Dies ist relativ leicht zu erlernen“, so Liese­lotte Lebuser, die hauptberuflich im BAföG-Amt tätig ist, „wohingegen es weitaus länger dauert, das klassische Steppen professionell zu erlernen.“ Auch für Kursteilnehmerin Olga Schlenger ist längst klar: „Clogging? Das ist meins!“ Die heute 45-Jährige fing bereits während ihres Informatikstudiums an der Universität Lüneburg an zu steppen und blieb dabei — auch, weil dieser Sport viel Abwechslung bietet: Für das kommende Semester ist beispielsweise der ungeheuer temporeiche irische Stepptanz zu traditioneller Musik geplant.
Die Clogging-Gruppe des Hochschulsports nimmt es mit den Musikrichtungen, zu denen getanzt wird, nicht ganz so genau. „Wir tanzen zu dem, was uns gefällt und was sich vom Rhythmus her eignet“, sagt Lieselotte Lebuser. Das können moderne Popsongs oder Folkmusik sein, aber auch Klassiker des Stepptanzes wie „Singin’ in the Rain“.
Was Stepptanz und Clogging verbindet, ist die Betonung des ganzen Taktschlags der Musik (downbeat) durch ausgeprägte Fußarbeit. Der gravierende Unterschied sind neben den unterschiedlichen Stilelementen die Platten, die unter den Schuhsohlen für den „Beat“ sorgen. Anders als im klassischen Stepptanz besitzen die Clogging-Taps neben den beiden festen Metallplatten an Ferse und Fußspitze zwei weitere, locker verbundene Platten. Auf diese Weise entstehen die Geräusche nicht nur beim Berühren des Bodens, sondern auch sobald der Fuß in der Luft bewegt wird. Doch gibt es noch einen zweiten Grund: Es ist nicht leicht, die doppelten Platten unter die Schuhsohlen zu montieren. Schuster, die nicht ständig für Theater oder Tanzschulen arbeiten, haben kaum Erfahrung, wie Lieselotte Lebuser weiß. Beim Hochschulsport tanzt man aufgrund der immensen Lautstärke mit den einfachen Stepp-Platten, immerhin sind es rund zehn Tänzerinnen und Tänzer, die im Gymnastikraum im Rotenbleicherweg 67 üben. Interessierte, die Bedenken haben, was das Probieren in den heimischen Räumen betrifft, können ganz beruhigt sein: „Auch auf Socken geht das wunderbar.“ Die 21-jährige Fine Böttner, Studentin der Umweltwissenschaft, steppte schon in ihrer Heimatstadt Berlin und übt seit Jahren auf diese Weise. Auch sie findet: „Es ist etwas Besonderes, mit den Füßen Klänge zu erzeugen“. Doch zurück in den Tanzsaal, denn hier zeigen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, was sie können: Lieselotte Lebuser klebt eine „Stepp-Partitur“ an den großen Spiegel im Gymnastiksaal. „Soulsister“ heißt der Tanz und die Schrittfolgen tragen Namen wie „Flatfoot“, „Rollback“ oder „Swingbreak“. Und dann geben die Füße der Teilnehmer den Ton an, ganz ohne Musik, denn diese braucht es gar nicht, um mitgerissen zu werden. So wie jetzt, ganz pur, mag Lieselotte Lebuser das Steppen eigentlich am liebsten.(mh)

Fotos: Enno Friedrich

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