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Echte Eseleien

geschrieben von Irene Lange im Oktober 2016

Gabriele Duchek erfüllte sich mit einem Resthof in Rullstorf und ihren Eseln einen Traum

Im Volksmund gelten Esel als stur oder sogar dumm. „Doch sind sie das komplette Gegenteil“, weiß Gabriele Duchek aus Rullstorf, „Eselmama“ eines bezaubernden Trios von Lang­ohren, aus langjähriger Erfahrung zu berichten. Diese Tiere sind überaus intelligent und hoch­sensibel, woraus vermutlich auch ihr Bedürfnis nach Sicherheit herrührt. Ein unüberlegtes Lospreschen wird man bei ihnen niemals erleben, denn sie sind — anders als Pferde — keine Fluchttiere. Vorsicht und Umsicht ist ihnen sozusagen in die Wiege gelegt, schließlich stammen sie ursprünglich aus Wüstengegenden bzw. auch felsigen Gebieten, wo jede Unachtsamkeit mit einem tödlichen Sturz enden kann.
Diese Empfindsamkeit für die Gegebenheiten ihrer Umgebung lässt sich auch auf den Umgang mit dem Menschen übertragen. So erwarten sie gute Manieren, keine plumpe Vertraulichkeit, sondern Respekt. Sollte ihnen jedoch etwas am menschlichen Gegenüber missfallen, drehen sie sich um und zeigen ihm die kalte Schulter. Das zeugt schon von einem gesunden Selbstbewusstsein. Sie zeigen, wo’s langgeht! Folgen werden sie nur bei vollem Vertrauen in ihren menschlichen Begleiter. Zum blinden Gehorsam taugen sie nicht, dafür sind sie zu intelligent.
Die siebenjährige Lotti und der erst vierjährige ­Pepe — „ein richtig pubertärer Jugendlicher“ — zeigen die signifikante Graufärbung mit dem schwarzen Streifen auf dem Rücken, der wiederrum von einem schwarzen Streifen im Schulterbereich gekreuzt wird. Eine Legende erzählt, dass ein Esel einst den Heiland bei seinem Einzug nach Jeru­salem trug. Seither haben alle „echten“ Esel ein Kreuz auf dem Rücken. Selbst beim fast schwarzen achtjährige Rasmus, dem Dritten im Bunde, ist dies noch erkennbar. Ein weiteres „Markenzeichen“ aller Eselrassen sind die nach allen Seiten beweglichen langen, seidenweichen Ohren, mit denen sie auch Aufschluss über ihre Stimmung geben. Nach hinten gelegt sagen sie „Achtung, ich bin sauer“, während aufrecht gestellte Ohren Aufmerksamkeit und Neugier signalisiert.

Doch auch, wenn die Sprache einheitlich ist — charakterlich ist jeder Esel ein Unikat. Auch das Rullstorfer Trio zeigt deutliche Unterschiede. Lotti ist eine ruhige Dame, die sich gern dem Fressen widmet, während Pepe der Verschmuste und Verspielte ist.
Rasmus hingegen kehrt gern mal den Macho raus und rempelt auch schon einmal Besucher an.
Esel sind keine Einzelgänger, sondern fühlen sich in der Gruppe wohl. Eine Ausnahme gibt es: wenn sie als verantwortungsvolle Hüter einer Schafherde eingesetzt werden. Sollte sich ein Wolf nähern, macht ein Esel nicht nur durch sein lautes Geschrei aufmerksam, sondern setzt auch äußerst effektiv sein Beißwerkzeug und die Hufe ein, mit denen er tödliche Wunden zufügen kann. Isegrim bleibt einem solchen Wächter folglich lieber fern.
Obwohl Esel genügsame Tiere sind, brauchen sie dennoch Pflege und Aufmerksamkeit. Da gilt es, regelmäßig das dichte Fell zu bürsten; auch die Hufpflege erfordert besondere Sorgfalt und Kenntnis. Zum Fressen gern haben sie täglich frisches Heu, zur Leckerei werden Möhren und ­Äpfel. Wenn eine Portion Liebe und Zuneigung hinzu kommt, wie beim Trio von Rullstorf, ist das Eselglück vollkommen.
Schon als Kind waren Esel die Lieblingstiere von Gabriele Duchek, die in allen Größen ihr Kinderzimmer zierten. Die gebürtige Lüneburgerin ließ sich nach ihrer Ausbildung zunächst in Hamburg nieder, um dort 16 Jahre als selbständige Unternehmensberaterin zu arbeiten. Mit dem Umzug nach Rullstorf auf einen Resthof erfüllte sie sich ihren Lebenstraum. Den ersten Esel schenkten ihr die beiden Schwestern.
Hier begann ihre umfangreiche Recherche zur Haltung der Tiere und stieß dabei auf eine Information über Eselcoaching für Führungskräfte, das sie inzwischen seit zwei Jahren anbietet. Esel sind nahezu unbestechlich. Diese aufmerksamen, gelassenen Tiere fordern Achtsamkeit, eindeutige ­Signale und eine stressfreie Kommunikation. Die Zusammenarbeit mit ihnen bringt eingefahrene Verhaltensmuster ans Tageslicht und hilft, sich selbst zu reflektieren. „Es ist erstaunlich, welches Feedback die Teilnehmer durch die Esel erhalten, denn diese Tiere spiegeln auf besondere Weise den Gemütszustand wider“, berichtet Gabriele Duchek, die das Coaching gemeinsam mit ihrer Schwester Andrea Duchek betreibt.(ilg)


www.c3-coaching.de/coachingangebot/
eselcoaching.html

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