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Ein Sport für Körper und Geist

geschrieben von Christiane Bleumer im Januar 2015

Adrian van Bronswijk betreibt im Lüneburger Logenhaus eine Schule für Traditionelle Fechtkunst

Es sind nicht zuletzt die ritterlichen Ideale, die Adrian van Bronswijk faszinieren, wenn er sich mit dem historischen europäischen Schwertkampf beschäftigt. Besonders das Fechten mit dem Langschwert ist für ihn eine ideale Sportart, um Körper und Geist zu trainieren. „Es hilft dabei, sich selbst zu erziehen“, ist er überzeugt. In seiner Fechtschule Asteria im Saal des Logenhaus an der Hindenburgstraße 22 bietet der ausgebildete Fechtlehrer seit mehr als einem Jahr ­diverse Kurse und Übungsstunden an, um diese traditionellen Kampftechniken wieder bekannter zu machen. „Beim Begriff Fechten denken die meisten Menschen zuerst an die Wettkampfsportarten, die auch im Fernsehen gezeigt werden, wie Florett- und Degenfechten“, so der Experte. Doch die Techniken, die in seiner Fechtschule gelehrt werden, sind weitaus älter, liegt doch die Blütezeit des organisierten Schwertkampfes im Hoch- und Spätmittelalter und der Renaissance (13. bis 16. Jahrhundert). Daraus haben sich schließlich alle anderen Facetten der Fechtkunst entwickelt.
Das Fechten als Kampfkunst galt daher bis ins 20. Jahrhundert als eine der absoluten Grundlagen einer guten bürgerlichen Erziehung. Den fernöstlichen Kampfkunsttraditionen nicht unähnlich, beinhaltete die Fechtausbildung dabei weit mehr als die reine Fähigkeit an der Waffe: Körperliche wie geistige Stärke, Analyse- und Auseinander­setzungsfähigkeit, Fokus und Stresskompetenz, eine feinsinnige Wahrnehmung des Selbst und des Gegenübers sind Qualitäten, die sich im Üben mit der Klinge entwickeln sollten. Fechten als Kampfkunst hatte stets den Schüler als Menschen vor Augen, der sich mit und an seinem Sport entwickeln möchte. Bei einem anonymen Dichter des Mittelalters heißt es daher treffend: „Kühnheit, Entschiedenheit, Vorsicht, List und Klugheit, Vernunft, Verborgenheit, Maß, Vorbetrachtung, Fertig­keit will das Fechten haben und fröhlich Gemüt tragen“. All diese Tugenden sind auch Adrian van Bronswijk wichtig, und er möchte sie seinen Schülern gleich welchen Alters nahebringen. Er selbst hat mit zwölf Jahren mit dem Kampfsport begonnen, das historische Fechten für sich jedoch erst 2007 entdeckt. Es folgte eine dreijährige Ausbildung in Heidelberg, so dass er jetzt als qualifizierter Fechtlehrer verschiedenen Verbänden angehört.

Eine dreijährige Ausbildung in Heidelberg qualifizierte Adrian van Bronswijk, um heute als Lehrer die Fechtkunst zu vermitteln.

„Das Langschwert hat sich damals als Fechtwaffe für den Zweikampf durchgesetzt.“, erläutert Adrian van Bronswijk, „besonders im gerichtlichen Zweikampf, dem so genannten ‚Gottesurteil‘, wurde anhand der Kampfeskraft entschieden, ob jemand schuldig oder unschuldig war.“ Um sich in diesen Kämpfen behaupten zu können, hätten sich Trainingstechniken entwickelt, daraus sei schließlich im 14. und 15. Jahrhunderts eine rege Kultur des Schwertfechtens entstanden. Organisierte Fechtschulen und Fechtgesellschaften gewannen ab dem späten 13. Jahrhundert immer mehr an Bedeutung und waren im ganzen Gebiet des Heiligen Römischen Reiches verbreitet. Die über Jahrhunderte prägende Person der sogenannten Deutschen Schule war Johannes Liechtenauer, der im 14. Jahrhundert die verschiedenen Kampfweisen mit dem Langen Schwert in Europa erforscht und systematisiert hat und von dem sich auch der Lüneburger Fechtlehrer Adrian van Bronswijk inspirieren lässt.
Die Langschwerter, die im Logenhaus zu Trainingszwecken eingesetzt werden, bestehen aus Nylon und wiegen etwa 1100 Gramm. Sie sind flexibel und können die Stöße daher gut abfedern. „Für den Anfang stelle ich Neulingen selbstverständlich erst einmal Leih­waffen zur Verfügung“, betont der Fechtlehrer, der auch kostenlose Schnupperstunden anbietet. Beim Erlernen der verschiedenen Techniken entwickeln die Sportler ein gutes Körpergefühl und können die mannigfaltigen Möglichkeiten ent­decken, die die Fechtkunst bietet. „Stabilität im Rumpf ist ­besonders wichtig“, so Adrian van Bronswijk. Daher seien Rückenprobleme bei trainierten Fechtern meist kein Thema. Auch die Tiefenmuskulatur ist entscheidend, um gut mit dem Langschwert umgehen zu können. Und so gehören an den Beginn der Trainingseinheiten auch regelmäßig Kräftigungsübungen. Mit Schwungübungen und einem „lockeren Zufechten“, um Techniken neu zu er­lernen oder zu vertiefen, setzt der Lehrer die Stunden fort. Um ernsthafte Verletzungen zu ver­meiden, sollten die Sportler möglichst eine Schutzausrüstung anlegen, empfiehlt der Fechtlehrer. Dazu gehören eine Gesichtsmaske und Arm- und Bein­schützer. Und dann heißt es „Stellung, fertig, los“, die Kämpfer stellen sich paarweise auf und lassen nach alter europäischer Fechttradition nur noch ihre Langschwerter sprechen.(cb)

Fotos: Enno Friedrich

www.fechtschule-asteria.de

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