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Home of Legend

geschrieben von Enno Friedrich im Januar 2016

Ende Januar werden nach 68 Jahren auf der Fertigungsstraße des Land Rover-Werkes im englischen Sulihull die Lichter ausgeschaltet

1947 war es, da hatte der Brite Maurice Wilks den Gedanken, ein Nutzfahrzeug zu konstruieren, ein Arbeitsfahrzeug für den Farmer, für das es keine Grenzen im Gelände gab. Der Beginn einer Legende – keine zwei Jahre dauerte es und der Land Rover „Serie 1“ war der britische Export­­schlager, in 70 Ländern erfreute der Alleskönner seine Besitzer. Kurz vor dem Produktionsende des Land Rover Defender hatte ich die Gelegenheit, nach Suli­hull in England zu reisen, zum „Home of Legend“, wo 68 Jahre lang dieses einzigartige Fahrzeug über 2.000 000 Stück in verschiedenen Versionen produziert wurde.

Die Fertigung läuft bis heute unverändert nahezu ausschließlich in Handarbeit; einige Bauteile finden seit 60 Jahren Verwendung. Über 70 % aller gebauten Fahrzeuge sind heute noch auf den Wegen in über 160 Ländern der Erde unterwegs. Dank seiner robusten und zuverlässigen Technik, die ohne große Elektronik auskommt, sind Mechaniker auch an den entlegensten Orten rund um den Erdball in der Lage, mit einfachen Werkzeugen Reparaturen vorzunehmen. Expeditionen, Feuerwehr, Bergrettung und Militär setzen seit Jahrzehnten auf diese Fahrzeuge, die kaum Hindernisse kennen, weder bei einem Böschungswinkel von 49 Grad oder unwegsamen Wasserdurchquerungen. Wer kennt ihn nicht aus der Fernsehserie „Daktari“ der 1960er und später von den weltweiten Touren der CAMEL Trophy – der Land Rover Defender ist zum Inbegriff des Geländewagens geworden.
Die Technik hat sich in den Jahren wenig geändert — aufgebaut auf einem Leiterrahmen, mit einer Aluminiumkarosserie versehen und immer gleicher Türhöhe.

Das Original war mit einem 1,6 Liter Vierzylinder mit 50 PS und Allradantrieb ausgerüstet, die letzte Generation immerhin mit einem 2,2 Liter Vierzylinderdieselmotor mit 122 PS und 145 km/h Höchstgeschwindigkeit. Gefahren wird der Defender allerdings im Alltag mit max. 110 km/h, sonst wird die Verständigung mit dem Beifahrer aufgrund der hohen Fahrgeräusche schwierig. Eine weitere goldene Regel: Man wird nicht überholt, man lässt überholen!
Jetzt, nach 68 Jahren, geht eine Legende vom Markt – kommende EU Sicherheits- und Abgasvorschriften stehen einer Fortsetzung der Fertigung in Europa im Wege; und so werden Ende Januar 2016 endgültig das Licht auf dieser nostalgischen Fertigungsstraße ausgeschaltet und die Fertigungs­hallen, in denen dieser Fahrzeugtyp hergestellt wurde, abgerissen. Die letzten verfügbaren Exemplare waren jedenfalls schneller verkauft als man gucken konnte; die Produktion wurde um einen weiteren Monat verlängert, um der großen Nachfrage gerecht zu werden. Käufer boten den Händlern ansehnliche Summen, um ein Modell aus der letzten Baureihe zu bekommen.
Auf den Straßen werden diese unverwüstlichen Land Rover sicher noch lange zu sehen sein, denn, so sagt man in Fankreisen: Ein „Landy“ wird nicht verschrottet, sondern vererbt. Für mich wird es eine unvergessliche Begegnung bleiben – und jeder „Landy“-Freund wird seinen Wagen in Zukunft noch mehr schätzen als ohnehin schon. ¶

Fotos: Enno Friedrich

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