Magazin über das Leben in Lüneburg
Themen
Alle Themen und Artikel

Lüneburgs Karate Legende Heinrich Reimer wird 70

geschrieben im August 2015

"Weg der leeren Hand“

Heute wird die Lüneburger Karate -Legende Heinrich Reimer 70 Jahre alt. Franc Carmichael hat einige Überraschungen für seinen "alten" Karate Lehrer organisiert. So erschien unter anderem einer der ersten Lüneburger Schüler, Michael Strzeletzki im Dojo um zu gratulieren. Lüneburg Aktuell veröffentlicht Heinrich zu Ehren den im November 2013 imQuadrat Magazin erschienenen Artikel von Irene Lange erneut.

Für Karate muss man kein Sportass sein. Technik und Disziplin sind in jedem Alter erlernbar — auch noch mit 70, wie die Mitglieder der Karateschule OSAKA im Pulverweg 6 beweisen

Übersetzen könnte man den Begriff Karate mit „Weg der leeren Hand“, was nichts anderes beschreibt, als mit leeren Händen, also ohne Waffen, zu kämpfen. Als echter „Hamburger Jung“ unterweist Heinrich Reimer seit 1975 in seiner Wahlheimat Lüneburg Schüler in dieser fernöstlichen Kampfkunst und darf sich mit Fug und Recht als Träger des schwarzen Gürtels im achten Dan als „Sensei“ bezeichnen, als erfahrener Lehrer. Er war Kapitän der deutschen Karate-¬Nationalmannschaft und lange aktiver Kämpfer, der zahlreiche Schüler zum Erfolg führte. Mit der Eröffnung seines OSAKA-Studios im Lüneburger Pulverweg 6 erfüllte er sich einen langgehegten Traum. Jung und Alt wollte er dort die Möglichkeit bieten, sich im Sport zu erproben. „Das habe ich geschafft“, erklärt er heute zufrieden. Über 1.000 Kinder trainierte er bisher erfolgreich und deren Begeisterung hält an, so dass sie auch im Erwachsenenalter entweder selbst noch zum Training kommen oder inzwischen ihre Kinder. „Bei den Erwachsenen musste ich mein Konzept noch einmal überarbeiten“, bekennt er. Er hatte außer Acht gelassen, dass diese Altersgruppe sich zumeist noch in Lohn und Brot befindet und demzufolge kein übliches Karate-Training absolvieren kann. Das nämlich müsste normalerweise zwei- bis dreimal pro Woche stattfinden. „Nach allen Regeln der Kunst ausgeübt, ist Karate folglich durchaus ein Hochleistungssport“, so der Trainer.

Das Dojo, der Trainingsraum, ist eine Stätte der inneren Sammlung und der Ruhe, ein Ort der Konzentration und des gegenseitigen Respekts.

Seine Schüler teilt er in verschiedene Lebensabschnitte ein: 9-Jährige – das sind Kinder, die einfach noch Spaß am Training haben; 19-Jährige wollen Weltmeister werden; 29-Jährige sind vielleicht schon Weltmeister und bleiben es; 39-Jährige sehen die Konkurrenz und fangen an, gegen den Abschied zu kämpfen. Der 49-Jährige aber sei der schwierigste Schüler. „Er will sich noch einmal beweisen. Den muss man bremsen.“ Am einfachsten sei es mit den 59-Jährigen. „Sie sind die besten, denn sie wissen, was sie sich zumuten können und genießen es einfach, mit an­deren Menschen zusammen zu sein.“ Diese Altersgruppe hört in Japan auf den liebevollen Namen „Jukuren“, die Lebenserfahrenen, Weisen. Also entschloss sich Heinrich Reimer, auch für diese Zielgruppe Trainingsmöglichkeiten zu schaffen. Bereits seit 30 Jahren trainiert er Menschen, die einfach Freude am Sport mitbringen, aber auch genügend Disziplin, sich den doch recht strengen Regeln des Karate zu unterwerfen. Und das müssen nicht unbedingt nach deutscher Definition „Senioren“ sein. Das Jukuren-Alter kann schon mit 30 beginnen und endet spät in der 70ern. Im Karate-Sport gilt wie in anderen Sportarten ein gewisses Leistungsprinzip, das auch für Jukuren gilt. In diesem Fall hat der Sensei eine neue Kata (Trainingstechnik) und ebenso ein neues Prüfungs­system entwickelt, das dem einmaligen Training pro Woche gerecht wird und welches sich Zanshin-­Jitsu nennt. Fünfzehn Regeln bestimmen den Weg (Do) des Karate. Wichtigster Punkt ist dabei, dass das Dojo (Trainingsraum) eine Stätte der inneren Sammlung und der Ruhe ist, ein Ort der Konzentration und des gegenseitigen Respekts. Beim Betreten oder Verlassen wird grundsätzlich mit einer Verbeugung gegrüßt. Höflichkeit, Beherrschung, Wachsamkeit, Sauberkeit – das Dojo wird nur barfuß betreten – Ernsthaftigkeit und Beständigkeit in der Übung sind nur einige Begriffe, die eng mit Karate in Verbindung gebracht werden.

Diese Altersgruppe hört in Japan auf den liebevollen Namen „Jukuren“, die Lebenserfahrenen, die Weisen.

Und trotzdem – so betont Reimer – pflegt man die fröhliche Geselligkeit. Nach dem Training setzt man sich gern noch zusammen, und es werden einmal jährlich gemeinsame Ausflüge unternommen. „Spaß ist ein wichtiger Faktor“! Um den Karate-Sport zu betreiben, müsse man kein Sportass sein, allerdings die Bereitschaft mitbringen, einmal pro Woche zu trainieren und die Regeln zu achten. Seine Jukuren seien gestandene Persönlichkeiten mit ganz verschiedenen Charakteren, erklärt Reimer. Daher sei es für ihn eine große Herausforderung, für alle einen gemeinsamen Nenner zu finden und sie zu begeis­tern, sie aber dennoch individuell zu behandeln.
Beim Training der „Weisen“ sind meist 12 bis 15 Personen im Dojo, die sich beim Sport vom Alltagsstress befreien. Er selbst, so sagt der Träger des schwarzen Gürtels, sei ein Sensei im Jukuren-­Stadium, der durch seinen Sport nicht nur innere Balance und Gelassenheit, findet, sondern auch das Gegenteil: eine sportliche Dynamik, die weit über sein kalendarisches Alter hinaus geht. Und damit möchte er auch anderen Menschen seiner Altersgruppen Mut machen, sich im Karate-Sport zu üben. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.osakakarate.de o der telefonisch unter (04131) 121259 bei Frank Carmichael.(ilg)

Anzeige