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Lüneburger Klönschnack

geschrieben von Irene Lange im Februar 2014

Teil 1: „Wespen-Dieter kann das Tüfteln nicht lassen“

Täglich um die Mittagszeit findet sich seit einem Jahrzehnt eine Runde munterer älterer Herren – manchmal auch Damen –
am runden Tisch im COMODO zum Klönschnack ein; ein fester Termin, an dem man sich über „Gott und die Welt“ austauscht.
Künftig werden hier aktuelle und vergangene Geschichten aus dem Leben der Stammtischrunde erzählt

Er ist mit dabei – täglich um die Mittagszeit im COMODO: Heinz-Dieter Hegelmann, genannt Wespen-Dieter. Wie fast alle Stammtischfreunde hat er auch einen Spitznamen verpasst bekommen – doch dazu später mehr.
Als Schwaben kann man Heinz-Dieter Hegelmann eigentlich nicht bezeichnen, obwohl er in Stuttgart im Jahre 1943 geboren wurde. Denn mit zwei Jahren – gleich nach dem Kriegsende – zogen seine Eltern mit ihm nach Lübeck, wo die Großeltern mütter­licherseits lebten. Dort wuchs er auf, ging zur Real­schule und erlernte schließlich den Beruf des Werkzeugmachers. Die beruflichen Aussichten, die er mit diesem Beruf hatte, reichten dem jungen Mann nicht, und so drückte er weiter die Schulbank, machte erst seine Fachhochschulreife und studierte anschließend Maschinenbau. Als frischgebackener Diplom-Ingenieur arbeitete er zunächst in Hamburg, bis es ihn nach einigen Jahren wieder in seine Heimatstadt Lübeck zog.
In der traditionsreichen Maschinenfabrik Baader arbeitete er dann 25 Jahre als Maschinenbauer. Doch wäre es nicht Heinz-Dieter Hegelmann, wenn er nicht auch hier zweigleisig gefahren wäre: Dem Unternehmen stellte er nämlich nicht nur seine Ingenieursdienste zur Verfügung, sondern ertüftelte zudem verschiedene Apparaturen, um Arbeits­abläufe zu erleichtern. Einige von ihnen wurden sogar zum Patent angemeldet. Noch heute wird die von ihm erfundene und konstruierte „Hähnchen­brustfiletiermaschine“ dort produziert.

Der Lüneburger Daniel Düsentrieb kann das Tüfteln nicht lassen. Mit der Erfindung einer Wespen-Falle gelangte er in die Stammtischrunde im COMODO.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen folgte die Selbständigkeit auf seinem Fachgebiet bis zu seinem Ruhestand mit 60. Insgesamt kann er auf eine 35-jährige erfolgreiche Berufszeit zurückblicken, in der er für die Entwicklung und Konstruktion von Maschinen für die Verpackungs- und Textilindustrie sowie für die Fleischerei und Fischerei insgesamt acht Patente und einige Gebrauchsmuster anmelden konnte. Lediglich ein von ihm erfundenes Ölabschöpfsystem, das Öl beispielsweise nach einer Ölkatastrophe in Küsten­nähe aus dem Meer filtern kann, wurde bisher noch nicht angenommen.
Der Lüneburger Daniel Düsentrieb kann natürlich auch im Ruhestand das Tüfteln nicht lassen. Mit der Erfindung einer Wespenfalle gelangte er in die Stammtischrunde im COMODO. Und das kam so: Im heißen August im Jahre 2008 saß er vor dem Lokal und musste – wie die anderen Gäste – ständig die lästigen Wespen abwehren, die durch die zuckerhaltigen Getränke angelockt wurden. Aufmerksamkeit erregte er, als er die von ihm erfundene Wespenfalle in Betrieb nahm. Sie bestand aus einem kleinen Topf mit Marmelade und einem Doppelring am oberen Rand, der auf Knopfdruck elektrisch unter Hochspannung gesetzt wurde. Bei Berührung der Drähte wurden die Wespen in Sekundenschnelle getötet. Beeindruckte Beobachter luden ihn samt Wespenfalle an den Nachbartisch ein. Es waren vier Stammtischfreunde, die ihn fortan in ihren Kreis aufnahmen. So kam er zu seinem Spitznamen „Wespen-­Dieter“.

Die regelmäßigen Treffen, der Austausch untereinander, und auch manche Fahrradtour am Wochenende halten ihn fit und lassen keine Einsamkeit aufkommen.

Noch heute ist er froh darüber, diesen Freundeskreis gefunden zu haben; vor allem war ihm dieser eine große Stütze, als seine Frau Hildegard verstarb, mit der er seit 35 Jahren verheiratet war. „Ihr Tod hat mich förmlich aus der Bahn geworfen“.
Doch nicht zuletzt mit Hilfe der Stammtischfreunde schaffte er es, aus der Lethargie seiner Trauerzeit herauszukommen. Heute widmet er sich natürlich wieder vielen Hobbys, die seine Zeit ausfüllen. Kreativität entwickelt er nicht nur bei seinen Erfindungen technischer Art. Auch die künstler­ische Seite kann er nun voll ausleben, ob es sich um das Malen in Öl, Aquarell, Kreide oder Holzschnitzerei handelt. Zurzeit arbeitet er an einem Buch. „Es sind 80 kleine Geschichten, die aus der Runde um die COMODO-Gruppe entstanden sind. Davon sind 50 schon fertig“, verrät er. Er ist einer der eifrigsten Stammtisch-Gäste und möchte seine Freunde aus der Runde nicht mehr missen. Die regelmäßigen Treffen, der Austausch untereinander und auch manche Fahrradtour am Wochenende halten ihn – wie die anderen – fit und lassen keine Einsamkeit aufkommen. Die Freude und auch die Dankbarkeit darüber haben ihn zu einem kleinen Gedicht (oder auch Lied nach der Melodie „Aber bitte mit Sahne“ von Udo Jürgens) inspiriert:

Stammtischfreunde (frei nach dem Stück von Udo Jürgens:"Aber bitte mit Sahne")


Sie treffen sich täglich um Zwölfuhrdrei
im Café an der Ecke und sind so frei,
sie können den Tagesablauf selbst gestalten,
beim Wortwitz mit der Jugend mithalten,
aber Junggesellen sind sie nicht mehr,
auch im Alter ist das Leben nicht schwer.
Kaffee, Cappuccino, Tee und Eis wird bestellt,
das ist am Nachmittag unsere Welt.
Es wird gelacht und über manches geklönt,
über Krankheiten wird aber nicht gestöhnt.
Fahrradtouren am Wochenende halten fit,
und viele der Junggebliebenen fahren mit.
Das ungezwungene Treffen jeder mag,
wir freuen uns schon auf den nächsten Tag.(ilg)

Foto: Enno Friedrich

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