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Klosterleben in Lüneburg

geschrieben von Irene Lange im Juni 2016

Lüneburg blickt auf eine lange Klostergeschichte zurück: Benediktiner, Franziskaner,

Klöster waren auch im mittelalterlichen Lüne­burg Zentren der Kunst, des Bauwesens, der Wissenschaft und nicht zuletzt der veredelnden Landwirtschaft. Mönche und Nonnen waren handwerklich tätig, kümmerten sich um Bedürftige und Kranke, boten Unterkunft für Reisende und – noch wichtiger – Sicherheit im Alter. Sie machten die kulturelle Vergangenheit lebendig und richteten in vielen Fällen Klosterschulen ein. Sie entstanden auf dem von weltlichen und kirchlichen Herrschern oder Grundherren gestifteten Land und waren somit nicht nur Orte religiösen Lebens, sondern auch wichtiges Element der damaligen Machtpolitik.
Es war vor allem der Benediktiner-Orden, der das deutsche Mönchtum repräsentierte und dessen wichtigste Regeln bis heute Bestand haben. „Ora et labora“ beispielsweise — „bete und arbeite“ gilt neben dem Verzicht auf Eigentum, dem Schweigen und Gehorsam, neben der Demut und der Keuschheit auch heute noch als Richtlinie. Überwiegend waren es die nachgeborene Söhne der gehobenen Gesellschaftsschichten, die im Kloster nicht nur ein sicheres Leben fanden, sondern eine Versorgung. Nachdem sie unter Anleitung eines älteren Bruders ihre Zeit als Novizen verbracht hatten, konnten sie bei Eignung ihr Gelübde (Profess) ablegen, wobei so manchem das Ver­sprechen, künftig arm, keusch und gehorsam zu leben, nicht so ganz gefallen mochte. Ob diese Verpflichtungen ausnahmslos eingehalten wurden — nun, auch dies lässt sich heute nicht mehr eindeutig belegen.
Neben der festen und strengen Hierarchie im Konvent – der Abt stand als Patriarch weit über den Mönchen – war der Ablauf des Tages exakt vorgegeben. Entweder wurden in regelmäßigen Abständen Psalmen oder Hymnen zum Lobe Gottes gesungen oder aus der Heiligen Schrift gelesen. Schlaf gab es wenig, denn schon um ein Uhr nachts wurde zum Nachtgottesdienst gerufen (Vigil). So manch einer dürfte wohl während des Chorgesangs ein nachträgliches Nickerchen gewagt haben. Zwischen den Gebeten wurde gearbeitet. Mönche adliger Herkunft verrichteten meist Handarbeiten, widmeten sich dem Lesen, Schreiben oder leichterer Gartenarbeit. Schwere Arbeit war weltlichen Dienstleuten oder später den aus einfachen Familien stammenden Laienbrüdern überlassen. Diese pflegten auch die Verbindung zur Außenwelt, eine willkommene Abwechslung, denn für die Ordensbrüder waren private Gespräche auf ein Minimum beschränkt.

Die Klosterkost hingegen war in den damaligen Zeiten keineswegs einseitig. Obwohl üblicherweise der Fleischverzehr untersagt war und stattdessen Brot sowie andere Getreideprodukte die Nahrungsgrundlage bildeten, kam dennoch oft genug Rind, Schwein, Lamm, Kalb oder Geflügel auf den Tisch. In Fastenzeiten gab es Fisch – oder auch Biberfleisch — hier ließ man offensichtlich Milde walten, lebt das Tier doch überwiegend im Wasser. Zudem mag sein platter Schwanz durchaus an einen Fisch erinnern. Auf dem Speiseplan standen außerdem Eier, Käse und Hülsenfrüchte. Statt Wasser gab es Bier und Wein, häufig in Mengen, was der strengen Fastenregel zweifelsohne widersprach.
Auf persönlichen Besitz, so es diesen gab, wurde mit dem Eintritt in das Kloster verzichtet. Im Gegensatz zur farbenprächtigen Kleidung der zur Oberschicht zählenden Städter und insbesondere des Adels war die Kleidung der Ordensleute schlicht: Ein Untergewand, eine einfarbige Tunika sowie ein darüber getragener Mantel mit Kapuze bildeten die Tracht. Das Haar der Mönche wurde zu einem Kranz mit Tonsur geschnitten.
Immer neue Orden kamen zu den Benediktinern im Mittelalter hinzu; Frauen allerdings erst im 12. bzw. 13. Jahrhundert. Diese lebten meist sehr abgeschieden und beteten vor allem für das Seelenheil ihrer Familien. Allerdings war der Eintritt für viele Frauen auch die einzige Gelegenheit, Bildung zu erwerben. Viele von ihnen lernten Latein und besaßen damit einen Bildungsgrad, der nur wenigen Menschen des Mittelalters zu eigen war.
St. Michaelis zählt in Lüneburg zu den Haupt­kirchen der Stadt. Es handelt sich dabei um die Klosterkirche des ehemaligen Benediktiner­-
klos­ters St. Michael, die aus dem 14. Jahrhundert stammt. Das Kloster selbst stand in der Burg der Billunger auf dem Lüneburger Kalkberg. Gestiftet wurde es von Hermann Billung vor Mitte des 10. Jahrhunderts. Der erste Abt soll, so heißt es, aus Köln gekommen sein, woraus zu schließen ist, dass damit eine Zugehörigkeit zum Benediktiner-­Orden bestand.

Das Kloster war bei den Landesherren sehr beliebt – wohl nicht zuletzt durch den Reichtum, der dem „weißen Gold“ zu verdanken war. Im Jahre 1106 schenkte der letzte Billunger, Herzog Magnus, dem Kloster die erste Pfarrkirche Lüneburgs. Genannt wurde sie St. Cyriakus. Sie war es, die später in St. Michaelis eingegliedert wurde.
Der Mönch Rethardus war es schließlich, der um 1140 eine Einsiedelei gründete, aus der in der weiteren Entwicklung 1172 das Kloster Lüne hervorging. Bis ins 12. Jahrhundert stand das Kloster unter der Schutzherrschaft der Welfen sowie von Papst Gregor IX. Dem Abt des Klosters oblag es, gemeinsam mit anderen Würdenträgern alljährlich den Sodmeister zu wählen. Zwischen Burg und Kloster blieb für lange Zeit eine enge Verbindung erhalten. Doch nach und nach traten die Benediktiner mit der Stadt Lüneburg in Kontakt. Wohl nicht ganz uneigennützig, denn die Äbte blickten seinerzeit auf einen recht beachtlichen Schuldenberg. So wurden 1302 zur Entlastung der Klosterfinanzen kurzerhand mehrere Kirchen durch das Kloster inkorporiert und standen anschließend unter diesem Patronat. Das missfiel den inzwischen selbstbewussten Lüneburger Bürger. Im Jahr 1371 stürmten und zerstörten sie die Burg. Damit wurde zwar auch das Kloster zerstört, später jedoch innerhalb der Stadtmauern wieder aufgebaut. Nach der Reformation bestand es bis 1655 als einziges evangelisches Männerstift im Fürstentum Lüneburg weiter, 1530 wurde die erste protestantische Predigt in St. Michael gehalten. Heute ist ein Großteil der Klostergebäude im Besitz weltlicher Institutionen, während die Kirche im Besitz der Kloster­kammer Hannover ist.
Die heutige Ratsbibliothek gehörte einst zum Franziskanerkloster St. Marien. Im 13. Jahrhundert ließ Herzog Otto eine Kapelle errichten, die jedoch bald durch einen gotischen Kirchenbau ersetzt wurde. Die Franziskaner lebten nach dem strengen Armutsgebot, ihr Konvent befand sich ursprünglich außerhalb der Stadtmauern Lüneburgs. Später befand sich dieser nach erster urkundlicher Erwähnung im Jahr 1282 neben dem Rathaus am Neuen Markt. Der zweigeschossige Remter (Refektorium bzw. Speisesaal) diente als öffentlicher Versammlungsraum und Ort für Rechtshandlungen.
Obwohl die Franziskaner-Mönche in ihren Kutten von der Bevölkerung sehr geachtet wurden, verwies man sie nach der Reformation der Stadt, was wohl auch daran gelegen haben mochte, dass sie den einheimischen Pfarrern zu viel „Konkurrenz“ machten, was deren Einkünfte anbelangte. Zudem ist überliefert, dass die Sitten der Klosterbrüder nicht gerade den strengen Ordensregeln ent­sprachen. Sie unterhielten Liebesbeziehungen zu verheirateten Bürgerfrauen und hielten ausgiebige Trinkgelage in den Zellen ab. Beschwerden über das Treiben der Bettelmönche erreichten sogar den Papst.


Es ist überliefert, dass die Klosterbrüder zum Verdruss der Bürger Liebes­beziehungen zu verheirateten Frauen unterhielten und Trinkgelage abhielten.

Da nach der Reformation das gute Verhältnis zwischen Bürgern und Mönchen vollends zerbrochen war, wurde der Konvent aufgelöst. Teile des Klos­ters, das mittlerweile auf den Rat übergegangen war, wurden zu Predigerwitwenhäusern und zur Ratsbücherei.
In Lüneburg ließen sich einst auch die Prämonstratenser nieder. Ihr Ordensgründer, Norbert von Xanten, war einer der vielen Wanderprediger, die im 12. Jahrhundert umherzogen. Sie ahmten dabei den Lebensstil Jesu nach, der auch Besitzlosigkeit einschloss. Zunächst gründeten sie in Kirchgellersen das Kloster „Sancta Vallis“ (Heiliges Tal). Wenig später übersiedelten sie in das heutige Heiligenthal. Während der Lüneburgischen Erbfolgekriege zogen sie es vor, sich innerhalb der sicheren Stadtmauern niederzulassen. Der Konvent wurde in der Reformationszeit aufgelöst, die Kirche zunächst als Salzspeicher benutzt und dann im 19. Jahrhundert abgerissen. Von dem einst in Lüne­burg zwischen Hafenviertel und Sand gelegenen Kloster ist lediglich ein kleiner Rest in Form von zwei Spitzbögen der Kirche vorhanden. Sie bilden eine gemeinsame Mauer mit dem anschließenden Patrizierbau, dem Brömsehaus Am Berge 35. Eine Glocke des Klosters befindet sich noch im Hotel „Altes Kaufhaus“ und ein Ausschnitt des Heiligen­thaler Altars im Chorumgang der Nikolai-Kirche.
Die Beginen, eine freie Schwesternschaft, spielte lediglich eine kurze Rolle in der Klostergeschichte Lüneburgs, wobei die Ratsfamilie Albert von der Molen (1297–1345) eine besondere Position einnahm, indem sie ein regelrechtes „Patronat“ über die Frauen ausübte. Schon 1370 wurde der Konvent vom Verdener Ortsdiözesan aufgehoben. Das Vermögen der Frauen wurde konfisziert und ein Teil davon für die Armen verwendet. Später wurde den Beginen (auch Blauer Konvent wegen der blauen Kleidung genannt) wieder gestattet, sich in Lüneburg niederzulassen. Sie machten sich um die Bildung der Bürgertöchter verdient.(ilg)

Fotos: Sammlung Hajo Boldt
Fotos: Stadtarchiv Lüneburg
Fotos: Hajo Boldt

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