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Lüneburger Freibäder

geschrieben von Irene Lange im Juli 2017

Mit dem Aus für die Flussbadeanstalten an der Ilmenau ging ein Stück Lüneburger Freizeitkultur zu Ende

Pack die Badehose ein“, hieß es in den Sommer­monaten auch für Hans Winterberg in den frühen 50er-Jahren, immerhin hatte er es nicht weit bis zur nächsten Bademöglichkeit: Um die „Halvenslebenschen Flussbadeanstalt“ an der Ilmenau zu erreichen, musste er nur einige Hundert Meter von seinem Elternhaus zurücklegen, in dem sich die Gaststätte und der Kolonialwaren­laden „Zum Roten Tore“ befand.
Heute – mittlerweile 77-jährig — ist er Senior-Chef des Hotels und Restaurants in dritter Generation.
Die „Halvenslebensche Flussbadeanstalt für Damen und Herren“ befand sich dort, wo heute „Schröder’s Garten“ seine Gäste empfängt, etwas weiter fluss­aufwärts hatte die Koopsche Badeanstalt ihren Platz. Damals wie heute gab es dort eine Bootsvermietung, sogar das alte Kassenhäuschen im Eingangsbereich zum Gartenlokal ist noch erhalten geblieben. Auch das Gebäude, in dem sich die Umkleidekabinen befanden, steht noch. Heute sind dort die Sanitäranlagen untergebracht.
„Das Eintrittsgeld betrug 20 Pfennig“, erinnert sich Hans Winterberg. Auch ist ihm noch deutlich in Erinnerung, wie er mit sechs oder sieben Jahren schwimmen lernte. Der damalige Bademeister Bernd Mosbach hängte ihn an eine Art Angel und brachte ihm bei, wie man sich über Wasser halten konnte. „Ich weiß noch, wie stolz ich war, als ich das erste Mal allein über die Ilmenau geschwommen bin“. Der Fluss war stellenweise so tief, dass ohnehin nur schwimmtüchtige Wasserratten hinein durften, dem wachsamen Blick des Schwimmmeisters entging da niemand! Nach dem erfrischenden Bad konnte man sich auf der großen Liegewiese auf seinem mitgebrachten Badetuch ausruhen, bevor es erneut in die kühlen Fluten ging. Da seinerzeit Lüne­burg noch unter englischer Besatzung stand, wussten auch die Briten das Badevergnügen an der Ilmenau zu schätzen. Doch dieses fand hier nach gut einem Jahrhundert ein jähes Ende.
1955 musste zunächst die Damen-Badeanstalt einer Entlastungsstraße (jetzt Willy-Brandt-Straße) weichen, auch entstand an jener Stelle eine Fußgängerbrücke, die über die Ilmenau führte.

Nicht anders erging es der Volksbadeanstalt Wandrahm­straße, die schon seit 1901 bestand und ebenfalls abgerissen wurde. Hier gab es noch Wannenbäder, die all diejenigen zur Verfügung standen, die in ihrem Haus noch keine Badezimmer hatten — die gab es in damaligen Zeiten tatsächlich in den wenigsten Häusern.
Anfang der 1960er-Jahre wurde ein grundsätzliches Badeverbot für die Ilmenau ausgesprochen, eine starke Verschmutzung war Schuld an der rasanten Vermehrung von Kolibakterien.

Nach einer Bauzeit von rund 31 Monaten wurde schließlich am 30. Oktober 1960 ein neues Hallen­bad errichtet, das heutige SaLü. Zu den Klängen des „Türkischen Marsches“ wurde es von dem damaligen Oberbürgermeisters Wilhelm Hillmer feier­lich eröffnet, verbunden mit seinem Dank an alle, die zum Gelingen „des wohl schönsten Hallenbades Norddeutschlands“ beigetragen hatten. „Sie haben uns ein Schmuckstück hingestellt, von dem wir nun hoffen, dass es lange Zeit der Gesundheit unserer Lüneburger Bevölkerung dienen möge“, so Hillmer.
Doch schon in den ersten Jahren musste das Bad zeitweise wegen Überfüllung – besonders in den Sommermonaten – geschlossen werden, eine andere Bademöglichkeit war im Stadtbereich nicht vorhanden. Also sannen die Stadtväter über die Errichtung eines neuen Freibades nach, schließlich saßen die Lüneburger nach wie vor aufgrund der Flussverschmutzung im wahrsten Sinne des Wortes „auf dem Trockenen“. Ausweichmöglichkeiten gab es nur außerhalb, am Reihersee, in Bardowick, Bienenbüttel oder Amelinghausen. In einer Sitzung des Stadtparlaments einigte man sich schließlich auf einen Standort für ein Freibad im Ostteil der Stadt, nachdem die vorher ins Auge gefasste Kälberwiese bei der Hasenburg nicht in Frage kam.
Bis dann jedoch der erste Spatenstich am 13. November 1963 getan werden konnte, gab es noch einiges Tauziehen um Beckengröße und -tiefe. Doch nach zweijähriger Bauzeit war es endlich soweit: Zur Badesaison wurde das Freibad Hagen auf einer Grünfläche von über 40.000 m2 eröffnet. Mit einem beherzten Sprung vom Sprungturm durch einen brennenden Reifen eröffnete am 27. Mai 1965 ein mutiger Wassersportler eine Badestätte, die bis heute zur beliebtesten Freizeitinstitution Lüneburgs zählt.(ilg)
Fotos: Sammlung Hajo Boldt, Enno Friedrich

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