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Wo, bitte, liegt Salalah? *

geschrieben von Werner Gruhl im Mai 2013

Eine überraschende Reise in die zweitgrößte Stadt in Oman und Hauptstadt der Provinz Dhofar:Salalah ist ursprünglich geblieben und bekannt für kostbaren Weihrauch

Wo, bitte, liegt Salalah? Diese Frage stellt man sich unweigerlich, wenn man den Namen dieser Stadt hört. Dubai, Abu Dhabi und vielleicht auch noch Muscat sind Städte im arabischen Raum, die durch den seit rund 15 Jahren startenden Tourismusboom vielen mittlerweile geläufig sind. Doch Salalah, die zweitgrößte Stadt im Oman und Hauptstadt der Provinz Dhofar, kennt keiner.
Die berufliche Veränderung meines Sohnes war daran „Schuld“, dass ich nun innerhalb von zwölf Monaten zum zweiten Mal nach Salalah reiste; nicht einfach zu erreichen übrigens, da Oman Air als einzige Fluggesellschaft nonstop von Frankfurt nach Muscat fliegt. Von Muscat gibt es anschließend genau zwei Möglichkeiten nach Salalah zu kommen: mit einem öffentlichen Bus, der innerhalb von 24 Stunden drei Mal fährt, aber ganze zwölf Stunden unterwegs ist, oder aber mit dem Flugzeug, das mehrmals täglich verkehrt.

Glitzernde Shopping-Malls und spektakuläre Wolkenkratzer sucht man hier vergeblich, die Einheimischen sind hier noch in der Mehrzahl.

Die Stadt mit dem melodischen Namen liegt ca. 150 km ostwärts der Grenze zum Jemen. Hier herrscht ständiger Sommer, weite Teile der Stadt strahlen das gesamte Jahr über in sattem Grün, und bis heute wird Salalah mit dem Duft von Weihrauch verbunden. Salalah war im Mittelalter ein wichtiger Handelshafen, verkümmerte später zu einem Hafenstädtchen wie viele andere entlang der Südküste. Heute ist sie eine moderne Stadt, die sich mehrere Kilometer weit über die gesamte Bucht erstreckt und mehr als 120.000 Einwohner zählt. Die Schönheit, die diese Stadt zu Marco Polos Zeiten auszeichnete, mag man heute nicht mehr erkennen. Gleichwohl hat Salalah etwas von jener sagenhaften arabischen Ursprünglichkeit, denn die Moderne hat hier nur behutsam Einzug gehalten. Glitzernde Shopping-Malls und spektakuläre Wolkenkratzer wie in den Golf-Emiraten sucht man hier vergeblich, und anders als in Dubai und Abu Dhabi sind die Einheimischen hier noch in der Mehrzahl, auch wenn die Gastarbeiter aus Bangla­desch, Indien und Pakistan in Salalah nicht zu übersehen sind. Westliche Besucher sind hingegen so selten, dass sie regelmäßig nach dem Woher und Wohin angesprochen werden.
Zum Sonnenuntergang weicht die Verschlafenheit der Stadt einer großen Geschäftigkeit. Traditionell gekleidete Einheimische bummeln durch das Zentrum, auf dem Fisch- und Gemüsemarkt wird lebhaft gefeilscht und an den Verkaufsständen der Plantagen, die sich kilometerlang am Meer entlang ziehen, werden Bananen, Kokosnüsse und Granat­äpfel feilgeboten.

Die Region Dhofor ist so steinalt wie hochmodern und von großer landschaftlicher Schönheit. Die Provinz war das Tor zum Abendland; vor 3.000 Jahren war Weihrauch der größte Exportschlager des südlichen Omans. Das Baumharz aus Salalah wurde in Gold aufgewogen und bis nach Europa und Asien verkauft. Die Händler in den Hafenstädten Mirbar und Al Baheed, dem heutigen Salalah, zogen mit ihren Karawanen auf der Weihrauchstraße nordwärts bis nach Alexandria und Gaza. Der Weihrauch wird heute längst nicht mehr mit Gold aufgewogen. Im Weihrauchbasar kostet das Kilo von bester Qualität rund 90 Euro. Ein „Starter-Kit“ im Plastikbeutel, mit Brenngefäß, Weihrauch und Holzkohletabletten, gibt es an vielen Ständen schon für zwei Euro.
Heute sind die langen Sandstrände und der arabische Lebensstil die wichtigsten touristischen Merkmale der südomanischen Region. Bisher ist diese Perle am Indischen Ozean meist nur Rundreisenden ein Begriff, nur wenige Pauschaltouristen machen im Sultanat Urlaub. Ende Juni bis Mitte September ist im südlichen Oman Regenzeit. In dieser Zeit des Südwestmonsuns, wenn die ­Küste Dhofars und die dahinterliegenden Berge ergrünen, sind die Luxushotels in Salalah und Umgebung, von Gästen aus Dubai, Muscat und Kuweit ausgebucht. Während es bei denen zu Hause bis zu 45 Grad heiß wird, erfreuen sie sich dann an dem Niesel­regen bei „kühlen“ 30 Grad.

Der Oman eignet sich perfekt für eine Kombination aus Strandurlaub und Rundreise, wobei Salalah sich unter Anderem durch seine breiten, kilometerlangen Sandstrände, die im Norden liegenden Weihrauchgebiete und die antike Ausgrabungsstätte Ubar — beides aufgenommen in die UNESCO-­Liste des Welterbes — auszeichnet. Fährt man von Salalah Richtung Jemen über die sogenannte Zig-Zag-Road, erlebt man eine Bergwelt von gran­diosen Dimensionen: Der Blick reicht vom Meer im Süden bis zu den hohen Bergketten im Norden und vermittelt ein Gefühl von Freiheit und Weite. Eine Reise in den Orient, die man jedem warm ans Herz legen kann

Fotos@Werner Gruhl

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