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Plaudereien rund um das Salz (4)

geschrieben von Rüdiger Schulz im Januar 2015

Das Salz und der Aberglaube

Wenn ich Sie jetzt fragen würde: „Sind Sie eigentlich abergläubisch?“, würden Sie vermutlich ausrufen: „Ich doch nicht! Wir sind doch heute verständige und aufgeklärte Bürger!“ Doch lesen Sie, was ich zum Thema „Salz und Aberglaube“ alles gefunden habe: Wie wir alle wissen, ist Salz lebenswichtig. Schon in Urzeiten galt es daher den Menschen als heilig, und wo es ein rares Gut war, war es überaus wertvoll. Salz zählt neben Mehl, Milch und Zucker zu den sogenannten „weißen Lebensmitteln“, eine Bezeichnung für eine positive Assoziation. Dem Salz schrieb man daher seit jeher eine starke reinigende und damit antidämonische Kraft zu. Zur Abwehr böser Geister wie Hexen, Kobolde und Zwerge ist es daher lediglich nötig, gelegentlich eine Handvoll Salz vor die Haustür zu streuen. In ihrer Gier nach diesem kostbaren Gut stürzen sie sich auf die Salzkörner und vergessen beim mühsamen Aufsammeln ihre Absicht, in das Haus einzudringen und den Bewohnern Schaden zuzu­fügen. Daher dürfte auch der Brauch herrühren, jemandem zum Einzug in das neue Heim Brot und Salz zu schenken, denn Salz wird, wie wir nun wissen, benötigt, um böse Geister abzuhalten beziehungsweise versöhnlich zu stimmen.

In Ostfriesland und Hessen soll man Salz ins Feuer gestreut haben, wenn sich verdächtige Gäste im Haus aufhielten, um damit die Hausgeister zu versöhnen. Eine ähnlich magische Wirkung soll es haben, wenn man Brezeln, die einst nur bei bestimmten Anlässen gebacken wurden, mit Salz bestreut. Auf diese Urfunktion des Salzes soll es auch zurückzuführen sein, dass man in ganz Deutschland etwas Salz beim Melken in die Milch, beim Buttern in das Fass und beim Backen in den Brotteig streute. Gleiches gilt für die berühmte Prise Salz, die in sehr vielen Kuchenrezepten vorgesehen ist, denn eigentlich kann eine solche Prise geschmacklich tatsächlich nicht viel bewirken.
Das kostbare Salz musste in Ehren gehalten werden, daher galt es als schlechtes Omen, etwas davon zu verschütten. Ärger und Streit seien die Folge. In der Schweiz und in Tirol heißt es, man verschütte damit sein Glück, und jedes verschüttete Salzkorn koste eine Träne. Deswegen darf man Salz auch niemals borgen, weil man damit sein Glück weggibt. Auf dem berühmten Abendmahl-­Gemälde von Leonardo Da Vinci ist auf dem Tisch ein umgestürztes Salzfass zu sehen — unmittelbar vor Judas!
Salz kann man auch bei vielerlei Brimborium gut gebrauchen. Hatte in Ostpreußen jemand Fieber, ging er nachts zwischen elf und zwölf Uhr zu einem Fluss, wandte sich mit dem Gesicht stromabwärts, nahm einen Esslöffel Salz in die linke Hand und streute es mit der rechten Hand ins Wasser, während er dazu sagte:
„Ich streue diesen Samen
in Gottes Namen.
So dieser Same wird aufgehn,
will ich mein Fieber wiedersehen.“

Ein Brauch in Mecklenburg und Oldenburg forderte, dass ein Kranker drei Tage hintereinander nach Sonnenuntergang schweigend zu einer Rasenfläche gehen und mit dem Messer ein rundes Stück so herausschneiden sollte, dass die Nordseite noch mit der restlichen Grasnarbe verbunden blieb. Dann klappte der Kranke die Sode auf, warf eine Handvoll Salz hinein, urinierte darüber und legte den Rasen wieder an seinen Platz. (Ob dies alles hilft, habe ich nicht ausprobiert.)
Im Erzgebirge hingegen gibt es ein Ritual, um eine Katze, die nach weit verbreitetem Glauben dem Haus Segen bringt, an das Haus zu binden: Man streue ihr einfach ein wenig Salz auf die Nase. Weit verbreitet soll auch die Sitte gewesen sein, die Seele eines Verstorbenen aus dem Haus zu kehren. In Thüringen häufte man im Sterbezimmer drei Häufchen Salz auf, die man mit dem Kehricht hinaus fegte.
Auch für Wetterorakel braucht man Salz: mMan nehme zwölf Zwiebelschalen, bestreue sie mit Salz und gebe jeder einen Monatsnamen. Am nächsten Morgen kann man dann die Niederschläge der nächsten Monate danach berechnen, wie viel Wasser die Schalen jeweils gezogen haben.
Die Bräute in Schlesien pflegten am Hochzeitsmorgen in ihren Schuh Pimper­nell, Salz und Dill zu legen. Während der Trauung hielten sie den Fuß mit dem Schuh über den des Bräutigams und murmelten:
„Ich trete auf Pimpernelle, Salz und Dille;
wenn ich rede, bist du stille.“ ¶

Foto: Wikipedia (Public Domain/Gemeinfrei)

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