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Die Jagd in Rot

geschrieben von Anna Kaufmann im Oktober 2014

Im August fand die traditionelle Schleppjagd in Wennekath hinter der Cappenberger Meute statt. Wir sprachen mitden Jagdherren Hendrik Könemann und Heinz Querfurt über diese sportliche Form des Geländereitens hinter einer Meute

Es duftet nach Herbst, stille Idylle liegt in der Luft. Ruhig und romantisch, umgeben von
Wald, Wiesen und sanften Hügeln, liegt das kleine Dorf Wennekath inmitten der Landschaft – eine prächtige Kulisse für ein reiterliches Event sondergleichen. Hunde, Hörner, Herren im roten Rock gaben sich am vorletzten Wochenende im August am Westrand des Naturparks Elbufer-­Drawehn ein Stelldichein. Bereits zum vierten Mal hatte Rechtsanwalt Hendrik Könemann gemeinsam mit seinem Freund Heinz Querfurt zur Schleppjagd auf sein Gestüt geladen. Könemann, dessen Wurzeln im Münsterland liegen, wurde schon im Kindesalter vom Jagd-Virus infiziert, bestritt als junger Bursche die ersten Jagden hoch zu Ross an der Seite seines Großvaters.
Die Jagd in Rot – eine lebendige Tradition im Einklang mit der Natur. Hinter der sogenannten Schleppjagd verbirgt sich eine sportliche Form des Geländereitens hinter einer Gruppe von Jagdhunden (Meute), welche einer zuvor gelegten Duftspur (Schleppe) folgt. Sie symbolisiert in moderner Form ein vergangenes Kulturgut, das heute völlig unblutig verläuft. Die Hetzjagd ist in Deutschland schon seit 1934 verboten und selbst in ihrem Ursprungsland Großbritannien seit 2005 nicht mehr gestattet. Bei der Schleppjagd steht nicht die sportliche Herausforderung im Fokus sondern das Vertrauen zwischen Pferd und Reiter. „Es ist eine Teamveranstaltung, bei der der gemeinsame Spaß und das naturverbundene Erlebnis ganz klar im Vordergrund stehen“, so die beiden Jagdherren, ein Sport, der viel Ausdauer, Verlässlichkeit und Herz erfordere.

„Es ist eine Teamveranstaltung, bei der der gemeinsame Spaß und das naturverbundene Erlebnis ganz klar im Vordergrund stehen“.

Auch im August stellten Hendrik Könemann und Heinz Querfurt erneut ihr goldenes Händchen für die die Gestaltung der Geländestrecke unter Beweis, die 14 Kilometer lang und mit 24 Hinder­nissen gespickt war. Eine sehr schöne und faire Jagdstrecke erwartete die teilnehmenden Reiter also, den krönenden Abschluss bildete der Halali-­Sprung: ein in weiß eingedeckter Tisch. „Die Pferde müssen wissen, worauf sie sich einlassen“, so Köne­mann. Erfahrungsgemäß ist es ein sichereres Reiten, wenn die Hindernisse etwas höher gebaut sind, da viele Pferde niedrige Hindernisse nicht ernst genug nehmen und die Sprünge dadurch zu tückischen Stolperfallen werden können. „Das Allerwichtigste ist schließlich, dass Pferd und Reiter heil im Ziel ankommen.”

Jagdetikette

Der Ablauf einer Schleppjagd ist klar strukturiert: Die Jagd beginnt mit dem Sammeln der Reiter (Stelldichein). „Zum Stelldichein erscheint man ohne Pferd, aber bereits im korrekten Reitanzug (Jagdrock, Plastron und Sporen), trägt sich in das Jagdbuch ein und entrichtet sein Cap (Jagdgeld)“, so Heinz Querfurt. Es folgt das Satteln und Aufwärmen der Pferde. Mit dem geblasenen Signal „Sammeln der Jäger“ nimmt die Jagdgesellschaft im Halbkreis Aufstellung. Die Equipage besteht aus dem Master, dem Master of Foxhounds, den Pikeuren und den Schleppenlegern und führt die Hunde herein. Beim deren Eintreffen erklingt traditionell das Signal „Hundruf“. Der Equipage mit der Meute folgt der Jagdherr. Die Herren ziehen zur Begrüßung ihre Kappe. Mit dem Signal „Aufbruch zur Jagd“ wird die Meute vom Stelldichein zur Anlegestelle der ersten so genannten Schleppe geführt, die der Schleppenleger mit einem ortskundigen Reiter auf der vorgesehenen Jagdstrecke legt. Der Equipage folgen zwei Felder (Gruppen) der Reiter, die sich in ein springendes und ein nicht-­springendes Feld aufteilen. Nach klar definierten Regeln geht es im gestreckten Galopp über gelbe Stoppelfelder, durch bunt-goldene Herbstwälder und über natürliche Hindernisse hinweg. Während der einzelnen Schleppen, auch Line oder Run genannt, wird „Strich auf Lücke geritten, das heißt: mit Abstand hintereinander und leicht versetzt zum Vordermann“, erklärt Querfurt. Nach der letzten Schleppe ziehen die Reiter ihren rechten Handschuh aus und rufen „Halali – Halali“. Anschließend reicht man den Mitreitern die Hand. Die Jagd endet traditionell mit dem Curée („Beute“), dem Dank an die Hunde und dem Verteilen der so genannten Brüche, Zweigen, die die Inbesitznahme des „erlegten Wildes“ markieren. „Das Schöne ist, dass es bei der Schleppjagd nur Gewinner gibt”, so Hendrik Könemann.

Die Hubertuslegende

Am 3. November feiern Jäger ihren Schutzpatron, den heiligen Hubertus. Der Legende nach verstand es Hubertus, Sohn des Herzogs Bertrand von Toulouse, hervorragend, mit Waffen umzugehen. Nachdem seine Frau bei der Geburt des ersten Sohnes starb, suchte er auf der Jagd in den Wäldern des Ardennengebirges Ablenkung von seinem Schmerz, bis ihm eines Tages ein kapitaler weißer Hirsch erschien, dem er tagelang nachstellte. Doch noch bevor sich der tödliche Schuss lösen konnte, sah er ein strahlendes Kreuz in den Geweihstangen und vernahm eine mahnende Stimme:

„Hubertus, warum jagst du nur deinem Vergnügen nach und vertust die wertvollste Zeit deines Lebens?“ Berührt von diesem Ereignis beschloss er, von seinen Ämtern zurückzutreten, seine Reichtümer an die Armen zu verschenken und sich zum Priester weihen zu lassen. Im Jahr 700 n. Chr. wurde er zum Bischof von Maastricht, 727 starb er und wurde 993 in das amtliche Verzeichnis der Heiligen aufgenommen.(ak)

Fotos: Anna Kaufmann, Hajo Boldt

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