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Wachgeküsstes Kleinod

geschrieben von Natascha Fouqet im Oktober 2016

Henning J. Claassen übernimmt das Forsthaus Rote Schleuse. Die Neueröffnung des Café- und Restaurantbetriebs soll im April 2017 gefeiert werden

Die Küchenphilosophie passt zum Standort inmitten üppig-grüner Landschaft: Statt Kaviar und Wachtelbrüstchen wird hier eine frische Landküche zubereitet.

Es war wohl um 1764, als das verwunschene Fachwerkhaus inmitten des Lüneburger Tiergartens erbaut und zum Landsitz der Lüneburger Patrizierfamilie von Dassel wurde. Idyllisch war es hier bereits vor 250 Jahren, als dort — nicht anders als heute — nur die Natur für die Klang­kulisse sorgte und die nahe Ilmenau in ihrem Uferbett murmelnd vorbeizog. Diese Qualitäten wusste wohl auch ein Holzvogt zu schätzen, der das Haus viele Jahre später zu seinem Domizil machte. Eine „bescheiden“ Wohnung war dies, schrieb Wilhelm Friedrich Volger, einstiger Stadtarchivar Lüneburgs, der darüber hinaus dokumentierte, dass seit 1850 zwar die Erlaubnis zum Kaffeeausschank erteilt worden war, nicht aber das Betreiben einer Gastwirtschaft.

Im Winter finden in dem behaglichen Gastraum mit Kamin bis zu 40 Gäste Platz, im Sommer lässt man es sich im Gartencafé und Biergarten schmecken.

nig gestört, denn das Forsthaus wurde seit 1900 zum beliebten Ausflugsziel, wo nach einem ausgedehnten Spaziergang zumindest ein belebender Trunk auf die Gäste wartete. Erst 1958 erhielt dieser Ort seinen Beinamen Rote Schleuse.
Zeitensprung ins 20. Jahrhundert: 1981 übernahm Peter Schilde das Ausfluglokal, tauschte von Zeit zu Zeit Kochschürze gegen Kapitänsmütze, um mit Besuchern auf seiner „MS Lüneburg“ über die Ilmenau zu schippern – ein Leben zwischen Küche und Steuerrad, von dem er 2016 Abschied nahm, um in den verdienten Ruhestand zu wechseln. Mit ihm schien zunächst auch die lange Tradition einer Lüneburger Gastronomie zu enden, wäre da nicht ein Lüneburger Unternehmer gewesen, der sich mit Herz und Sachverstand seit Jahren der Instandsetzung Lüneburger Architektur-Schönheiten widmet. Bergström-Chef Henning J. Claassen bewies mehrfach einen langen Atem, wenn es um die Restaurierung und den Umbau denkmalgeschützter Gebäude ging. In den Reigen von Lüner Mühle, Hotel „Altes Kaufhaus“ und Palais am Werder wird sich künftig also auch das Forsthaus Rote Schleuse einreihen.

Ab Frühjahr 2017 werden Lüneburger und reisefreudige Gäste hier wieder mit allen Sinnen das kulinarische mit dem Natur-Erlebnis verbinden können.

Diesmal nicht als weiteres Gästedomizil mit Übernachtungsmöglichkeit, sondern als gemütliches Ausflugsziel im Landhausstil für hungrige und durstige Gäste. In diesem Monat rücken bereits die Handwerker mit schwerem Gerät an, um den ursprünglichen Charakter des Hauses wiederherzustellen. „Viel ist in den Jahren an- und umgebaut worden“, so Claassen, „das Gebäude ist ein buntes Stückwerk unterschiedlicher Stile — nicht immer von hoher Qualität.“ Mit dem Umbau werde man sich dem Original annähern, neues Fachwerk in der Fassade einziehen, das Dach erneuern. Alte Schuppen werden entfernt und ein kleiner „Festsaal im Wald“ mit weiter Glasfront und separatem Eingang angebaut — ein Raum, der Platz für Feierlichkeiten und Veranstaltungen mit bis zu 90 Gästen bieten wird.

Von Montag bis Freitag wird das Forsthaus Rote Schleuse, das seinem Namen auch weiterhin tragen wird, ab 17.00 Uhr öffnen, an den Wochenenden bereits ab 11.00 Uhr. Die Küchenphilosophie passt zum Standort inmitten üppig-grüner Landschaft: Statt Kaviar und Wachtelbrüstchen wird hier eine frische Landküche zubereitet. Auf der Karte tummeln sich Klassiker wie hausgemachte Rouladen, rheinischer Sauerbraten oder herzhaften Kleinigkeiten zu Bier und Wein. In der kalten Jahreszeit finden in dem behaglichen Gastraum mit seinem offenen Kamin bis zu 40 Gäste Platz, in einem separaten Clubraum noch einmal zwölf Personen. Im Sommer lässt man es sich im Gartencafé mit seiner großen Sonnenterrasse oder im Biergarten unter schattenspendenden Bäumen schmecken. Auch an die Kleinen ist mit einem Spielbereich und Sandkiste gedacht worden.
Ob der einstige Holzvogt wohl ahnte, dass sein Wunsch, auf diesem idyllischen Fleckchen Erde ein Gasthaus zu eröffnen, im 20. bzw. 21. Jahrhundert Realität werden würde? Ab Frühjahr 2017 werden Lüneburger und reisefreudige Gäste hier wieder mit allen Sinnen das kulinarische mit dem Natur-Erlebnis verbinden können. Henning J. Claassen — da darf man sicher sein — hat sich wieder einiges vorgenommen. Das neue Forsthaus ­Rote Schleuse ist jedenfalls wieder ein echtes Liebhaberprojekt geworden, mit dem ein Stück ­alte Gasthaustradition unter neuen Segeln fortgeführt wird.(nf)

www.rote-schleuse.de

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