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Wachtposten fürs Holz

geschrieben von Irene Lange im Dezember 2015

Die Warburg Auf der Hude: Der Straßenname weist immer noch auf seine frühere Bestimmung als Lagerplatz für das damals kostbare Holz hin

In unmittelbarer Nachbarschaft der Bezirksregierung und der Polizei liegt etwas versteckt direkt am Flussufer der Ilmenau die Warburg. Es ist ein zweigeschossiger, relativ schlichter turm­artiger Ziegelbau, dafür aber mit einem dekorativen, mit Taustein verzierten Giebel. Das Gebäude soll in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in unmittelbarer Nähe zum damaligen Hafen errichtet worden sein. Der Straßenname „Auf der Hude“ weist immer noch auf seine frühere Bestimmung als „Holz-Hude“ hin. Ein Holzlagerplatz, auf dem die per Schiff über die Elbe und Ilmenau transportierten Stämme zur Trocknung zwischengelagert und auch verkauft wurden. Holz war seinerzeit im tatsächlichen Wortsinn Gold wert. Der Bedarf war so gewaltig, dass ihm ganze Wälder zum Opfer fielen. Nicht nur die Salinen benötigten enorme Mengen, ebenso die in Lüneburg ansässigen Ziegeleien, Brauereien, Bäckereien.
Neben dem Lagerplatz am westlichen Ilmenau-­Ufer existierten rund 30 innerstädtische Holzhöfe, die meist den Sülfmeistern gehörten. Schon seit 1330 wurde der Holzhandel einträglich betrieben, wie Rechnungen und Buchungen belegen. Für den Schiffsbau benötigtes Holz wurde unter Wasser gelagert, wofür 1412 eigens eigens ein Kanal gebaut wurde. Offensichtlich ging schon damals der „Holzklau“ um, denn um die kostbare Ware gut zu bewachen und zu sichern, errichtete man die besagte Warburg eigens als Wohnhaus für einen städtischen Aufseher. Dessen Aufgabe war es, den Ein- und Ausgang des Hafens zu kontrollieren und achtzugeben, dass auch die fälligen Zoll­gelder entrichtet wurden. Um dessen Umgehung zu verhindern, war eine Kette zur nächtlichen ­Absperrung über dem Fluss angebracht. Ab 1487 stellte man zwei weitere Wächter für besonders kritische Tage ein.
Auf dem Gelände bei der Warburg befindet sich noch heute ein handbetriebener Hafenkran, der wohl aus der Zeit der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert stammt. Dessen Ausleger ließ sich noch mittels Kette bewegen, die von einer guss­eisernen Walz abgewickelt werden konnte.
Später errichtete Bauten, die sich neben dem Gelände der Warburg befanden und als Binnenkaufhaus oder Salz- und Kalkschuppen dienten, mussten 1972 dem Bau der Bezirksregierung weichen. Ohne­hin verlor seit dem Ende des 18. Jahrhunderts die Holzlagerung für die Stadt an Bedeutung. Die Saline hatte die Feuerung der Salzpfannen vorübergehend auf Torf umgestellt, was sich später als nicht sehr ergiebig erwies. Dennoch verlor die Warburg damit ihre Funktion und geriet infolgedessen wie auch andere sehenswerte Gebäude Lüneburgs ­etwas in Vergessenheit. Noch heute ist sie im Besitz der Stadt, seit einigen Jahren werden ihre Räume von der Kriegsgräberfürsorge genutzt.(ilg)

Fotos: Sammlung Hajo Boldt, Winfried Machel, Enno Friedrich

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