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„Musik ist meinem Herzen am nächsten

geschrieben von Kirsten Rinke im April 2014

Er spielte den Imbissbesitzer Ingo in der TV-Serie „Dittsche“, nahm mit der Band „Texas Lightning“ 2006 am Eurovision Song Contest teil.

Am 27. April stellt Jon Flemming Olsen in der Ritterakademie sein Solo­album vor

Es ist nicht nur sein schauspielerisches Talent, das Jon Flemming Olsen in seiner Paraderolle als „Vokuhila“ tragender Imbissbetreiber Ingo in der preisgekrönten Comedy-Serie „Dittsche“ mit Olli Dittrich an den Tag legt. Er zählt zu den Allroundern, denen irgendwie alles leicht von der Hand zu gehen scheint. Im „realen“ Leben verdingt sich Jon Flemming Olsen daher als Grafikdesigner, als Autor (Der Fritten-Humboldt) und auch als Fernsehmoderator. Doch vor allem ist er Musiker. Mit der Country-Band „Texas Lightning“ vertrat 2006 Deutschland beim Eurovision Song Contest in Athen. Mit seinem neuen Album „Immer wieder weiter“ legt er, der sich eigentlich als ausgemachten „Band-Menschen“ bezeichnet, der nicht nur komponiert, textet und singt, sondern auch Gitarre und Mandoline spielt, jetzt sein erstes Solo-Debüt vor. Für ihn sei die Zeit reif, „sein eigenes Ding zu machen“. Am 27. April stellt Olsen sein Album in der Lüneburger Ritterakadamie vor.

Jon Flemming Olsen – ist dies eigentlich ein Künstlername?
Jon Fleming Olsen: Nein, ist er nicht, diesen Namen trage ich tatsächlich von Geburt an. Flemming ist der Rufname, dessen Wurzeln in Dänemark liegen. Meine Eltern fanden den wohl schön.

Wie kam es zu der Rolle als Imbissbetreiber in der Comedy-Serie „Dittsche“?
JFO: Olli Dittrich und ich haben uns Ende der Achtziger über die Musik kennen gelernt und sind seitdem gut befreundet. Wir hatten damals beide eigene Bands und teilten uns denselben Key­boarder. Eine Zeit lang spielte ich in seiner Band Gitarre und sang die zweite Stimme. Ollis Figur des „Dittsche“ ist lange in ihm gereift. Irgendwann verdichtete sich das zu einem fernsehtauglichen Konzept, in dem eben auch der Ort des Imbisses und der Wirt eine gewichtige Rolle spielten. Olli fragte mich, ob ich nicht Lust hätte. Gefragt, getan! Man sollte glauben, man habe es hier mit einem echten Imbisswirt zu tun, einem, der möglicherweise gar nicht weiß, dass er gefilmt wird. Das wäre mit einem bekannten Gesicht aus der Schauspielbranche nicht möglich gewesen.

Verbraucht sich eine solche Zusammenarbeit, in der es vor allem um Komödiantisches geht?
JFO: Absolut nicht– die Freude an dieser Improvisation nutzt sich nicht ab, selbst nach zehn Jahren nicht. Die Figuren haben sich im Laufe der Zeit natürlich verändert: So ist auch der Ingo in seiner Rolle gewachsen. Früher war er maulfaul, heute bringt er sich mehr und mehr in das Geschehen ein.

Mit „Texas Lightning“ haben sie 2006 gemeinsam mit Olli Dittrich Deutschland beim Eurovision Song Contest vertreten. Wie ist diese Idee geboren?
JFO: Die Produktionsfirma, die damals den Vorentscheid ausrichtete, hatte uns über unsere Plattenfirma angefragt. Das im positiven Sinne Absurde an dieser Idee hat uns gereizt: dass eine Hobbycowboy-Kapelle mit exil-australischer Sängerin Deutschland mit einem englisch gesungenen Titel bei einem europäischen Songwettbewerb vertreten könnte. Ich meine, wer hätte sich das schon vorstellen können? Wir jedenfalls nicht. Wir waren absolut sicher, dass Vicky und Thomas Anders im Vorentscheid das Rennen machen würden. Aber wir dachten: Wir machen mal einen schönen Song, hinterlassen einen guten Eindruck, und dann sind wir wieder weg. Und schließlich kam es doch ganz anders, und unser Song wurde trotz mittelmäßiger Platzierung beim Contest auch noch zu einem Riesenhit. Wir mussten uns damals oft kneifen, um zu merken, ob dies alles kein Traum ist.

Sie sind extrem vielseitig: Schauspieler, Grafikdesigner, Musiker, Autor, Fernsehmoderator – ist das alles gelernt oder sind Sie Autodidakt?
JFO: Ich bin in allem was ich tue ein begeisterter Autodidakt. Lediglich das Gitarrespielen hat mir mal jemand beigebracht.

Brauchen Sie diese Vielseitigkeit?
JFO: Das kann man so sagen. Ich bin sehr froh darüber, dass ich mich immer wieder in verschiedenen Bereichen ausprobieren kann. Doch wenn ich mir aus allen Bereichen einen aussuchen müsste, wäre es definitiv die Musik. Seit ich 13 Jahre alt bin, stehe ich auf kleineren oder größeren Bühnen. Auf das Musikmachen möchte ich niemals verzichten.

Mit Ihrem Soloalbum „Immer wieder weiter“ gehen Sie in Kürze auf Tournee. In welche Richtung gehen Sie musikalisch?
JFO: Ich würde sagen, es ist akustischer Folk-Pop – jeder Ton ist sozusagen handgemacht, ohne Schlagwerk und ausschließlich mit Saiteninstrumenten wie Gitarre, Banjo, Kontrabass, Mandoline oder Ukulele. Ich habe einerseits Klassiker wie “Gentle on my mind” oder “Daydream” auf deutsch neu betextet und “Das wird immer sein“ oder “Tage, da träum ich” daraus gemacht. Andererseits gibt es auch eigene Songs und das Ganze fließt, wie ich finde, schön ineinander – mal humorvoll, mal romantisch, und auch mal ernst.

Sie haben sich der deutschen Sprache verschrieben?
JFO: Bislang hatte ich grundsätzlich auf Englisch getextet. Doch schien es nun einfach an der Zeit, sich auf die Muttersprache zu besinnen. Wenn ich heute Konzerte gebe, genieße ich es sehr, dass die gesungenen Zeilen nicht mehr nur eine lautmalerische Kulisse sind sondern direkt verstanden werden. Die Reaktion steht den Zuhörern ins Gesicht geschrieben, vom Lachen bis zu der Träne im Augenwinkel.

Ist der deutschsprachig singende der private, der echte Olsen?
JFO: Ja, ich finde schon. Ich fühle mich wie bei einem Neustart. Das, was ich jetzt mache, entspricht mir einfach. Ich möchte mir keine neue Verkleidung, keine neue Rolle ausdenken wollen – dazu habe ich keine Lust mehr. Das Heute hat eine größere Leichtigkeit bekommen und das genieße ich sehr. Ich bin jetzt authentischer. Und wenn ich jetzt auf der Bühne stehe und singe oder erzähle, mit den Menschen in Kontakt trete, dann hat das eine ganz andere Qualität. Auf Deutsch und eben so akustisch, kann ich die Menschen wirklich „mitnehmen“.

Sie haben das Album Ihrem Vater gewidmet.
JFO: Mein Vater ist vor knapp zwei Jahren gestorben, ich habe ihn sehr geliebt und ihm viel zu verdanken.

Gibt es ein Ziel, dass Sie in Ihrem Leben noch erreichen möchten?
JFO: Am allerliebsten würde ich noch 20 solcher Alben machen, bis ich 80 Jahre alt bin, und das Ganze bei klarem Geist und mit funktionierenden Händen und funktionierender Stimme – das wünsche ich mir. Reichtümer muss ich nicht anhäufen.(kr)

Foto: Beba Franziska Lindhorst

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