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Ein Mann für alle Fälle

geschrieben von Irene Lange im Juni 2015

Das Glück liegt hinter Klostermauern: Jens Möller ist der Hausmeister des Klosters Lüne und damit einer der wenigen männlichen Beschäftigten in dem Damen-Konvent

Vor rund neun Jahren stand Jens Möller vor der Entscheidung, einen neuen Berufsweg einzuschlagen und entdeckte ein Stellen­angebot des Klosters Lüne in der Landeszeitung. Man suchte dort einen neuen Hausmeister. Der gelernte Forstwirt hatte bis dahin als Gärtner in einer Hotelanlage in Reinstorf gearbeitet. Er bewarb sich, zog mit Ehefrau Ina und Sohn Moritz in das eigens für Hausmeister mit Residenzpflicht vorgesehene Gebäude auf dem Klostergelände und trat schließlich am 1. Mai seine neue Stelle an. „Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich als gebürtiger Lüneburger das Kloster vor meinem Stellenantritt noch nicht besichtigt hatte“, sagt er. So war sein Respekt vor den Ausmaßen der gesamten Anlage, die künftig auch „sein Reich“ werden sollte, groß. „Ich fürchtete, dass ich eine Ewigkeit brauchen würde, um mich in jedem Winkel — und von denen gibt es hier viele — zurecht zu finden und zu wissen, welche Arbeiten zu verrichten sind“. Er brauchte dann doch weitaus weniger Zeit.

Zu den Aufgaben des einzigen Mannes im sonst weiblichen Konvent zählt in erster Linie die Arbeit in den Außenanlagen, immerhin fünf Hektar. Dies bedeutet, dass die unzähligen Flächen bepflanzt und gepflegt werden wollen. Unterstützt erhält er von zwei Teilzeitkräften. Möller profitiert von seiner bisherigen Berufserfahrung – auch von seiner Ausbildung zum Immobilienkaufmann – innerhalb der Klostermauern, zumal das Gespräch mit Bauunter­nehmen wegen der doch häufig anstehenden Renovierungsarbeiten innerhalb der Anlage beinahe an der Tagesordnung ist.
Mit den im Kloster lebenden Konventualinnen und der Äbtissin Reinhild Freifrau von der Goltz herrscht ein gutes Einvernehmen. Er plant und erledigt seine Arbeit weitgehend selbständig; geht es jedoch um die Gestaltung und Bepflanzung der vielen Beete und Blumenkübel, bringen sich die Äbtissin und der Konvent gern ein. Nicht umsonst ist die Klosteranlage gerade auch im Frühjahr einen Besuch wert, denn dann erwartet die Besucher hier ein blühendes Blumenmeer.
Doch auch im Innenbereich der fünf Gebäude des Klosters gibt es reichlich zu tun: Mal ist es eine Schließanlage, die klemmt, dann wiederum fehlt es irgendwo an Beleuchtung oder es bedarf kleinerer Reparaturen, die Jens Möller mit seiner langjährigen Erfahrung übernehmen kann. Die Vor- und Nachbereitung der zahlreichen Veranstaltungen auf dem Klostergelände wie die Konzerte, die Lesungen, Vorträge und Ausstellungen — ganz zu schweigen vom Tag des offenen Denkmals und der Museumsnacht — gehören ebenfalls zu seinem Aufgabenbereich, den er sich mit einem zweiten Hausmeister teilt.
Und eines nicht zu vergessen: Neben den Damen des Konvents schlägt auch er dreimal am Tag auf dem Nonnenchor per Hand die Benediktiner Betglocke, die sich neben drei weiteren Glocken im Dachreiter befindet.
Im Gespräch mit Jens Möller ist zu spüren, dass ihn seine Arbeit in der historischen Umgebung des Klosters Lüne ausfüllt. Immer noch ist er beeindruckt von der historischen Umgebung, für ihn ­atmet jeder Stein Geschichte. Man nimmt es ihm sofort ab, wenn er lächelnd sagt: „Seit ich hier bin, bin ich noch nicht einen Tag zur Arbeit gegangen. Ich gehe jeden Tag in meinen Garten“. Doch auch dieses einzigartige Fleckchen Erde birgt so manche Tücken; so zum Beispiel im Herbst, wenn die unzähligen Bäume auf dem Klos­tergelände ihr Laub verlieren – „eine regelrechte Sisyphos-Arbeit, denn kaum hat man sie zusammengekehrt, sind wieder neue da. Das ist für mich die grausamste Arbeit im ganzen Jahr!“, gibt er zu – und lacht dabei.(ilg)


Fotos: Enno Friedrich

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