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759 Jahre jung

geschrieben von Irene Lange im November 2017

Die Johanneskapelle in Adendorf: Damals wie heute ein lebendiger Ort der Begegnung

Ein wahres Kleinod mittelalterlicher Sakralarchitektur ist die nach Johannes dem Täufer benannte Johanneskapelle in Adendorf. Um 1258 errichtet, zählt der gotische Backsteinbau zu den ältesten kirchlichen Gebäuden im gesamten Landkreis Lüneburg. Bei einem Rundgang um das Gebäude fallen zudem die großen Feldsteine des Fundaments ins Auge, ein Hinweis darauf, dass dieses aus einer noch früheren Zeit stammen könnte.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts existierte auf dem Gelände rund um die Kapelle ein Friedhof, der nach dem 2. Weltkrieg jedoch aufgelöst wurde. Die alten Grabsteine sind noch im Vorraum, am Eingang und bei den Altarstufen zu sehen. Unter dem Altarraum befand sich früher eine Gruft, von der hinter der Kapelle lediglich der verschlossene Eingang unter einem Gitter vorhanden ist. Zur Johanneskapelle gehörte auch ein so genanntes Brauthaus, ein Raum, in welchem sich Brautleute vor dem kirchlichen Segen aufhielten.
Im Laufe der Jahrhunderte erlebte die Johanneskapelle zahlreiche Veränderungen. So entstand der Eingangsvorbau in Fachwerkbauweise in der Renaissancezeit. Auch der 30-jährige Krieg von 1618 bis 1648 hinterließ seine Spuren, als dänische Soldaten das Gebäude schwer beschädigten. Erst ab 1682 war alles restauriert und repariert, dass wieder Gottesdienste stattfinden konnten.
In späteren Zeiten sind die Kapelle und die zahlreich Kunstwerke, die sie beherbergt, mehrfach restauriert worden, zuletzt von 1996 bis 1998. Aus dieser Zeit stammen unter anderem die hölzerne Kanzel und die Bleiglasfenster des Berliner Künstlers Werner Petzold. Die Fenster auf der Westseite er­innern in ihrer Gestaltung mit ihrer vorwiegend blauen Farbgebung an Johannes den Täufer, der die Menschen im Wasser des Flusses Jordan taufte. Andere Fenster wiederum sind in den Farben des Regenbogens dargestellt. Lesepult und Taufleuchter sind Schmiedearbeiten von Walter Müdder aus Lüne­burg und 1998 entstanden. Ebenso stammen die Kapellenbänke aus dieser Zeit, wurden jedoch mit alten gotischen Wangen ausgestattet. Zu nennen ist auch die Orgel mit ihren sieben Registern und 708 Pfeifen, die vom bedeutenden Hamburger Orgelbauer Beckerath erbaut und 2002 ihren Weg nach Adendorf fand.

Auch weitere Kunstwerke aus den vergangenen Jahrhunderten sind in der Kapelle zu sehen. So stellt der Taufständer aus Eichenholz aus dem 14. Jahrhundert eine besondere Kostbarkeit im gesamten norddeutschen Raum dar. Ebenso ist der Flügel­altar mit Seitenflügeln ein wahres Schmuckstück, in dessen Mitte ein Gemälde aus dem 17. Jahrhundert — der Barockzeit — zu sehen ist, das die Auferstehung Christi darstellt. Aus dem beginnen­den 16. Jahrhunderts stammt die Bemalung der Seitenflügel: auf der linken Seite ein Gemälde des Heiligen Georg mit dem Drachen, auf der rechten Seite ist der Heilige Jakobus dargestellt. Am Hut trägt er eine Muschel, das Symbol der Pilger. Selbst die Rückseiten der Altarflügel sind mit Gemälden aus der Barockzeit versehen.

Noch heute läutet der Küster die Glocke im hölzernen Dachreiter von Hand. Oft vertritt ihn Heidrun Fedrowitz, ehemalige Diakonin und Mitglied im Kirchenvorstand, die auch für Besichtigungen und Führungen in der Kapelle zuständig ist.
Die ursprünglichen Glocken sind während des 30-jährigen Krieges zerstört worden, als die Dänen im Jahre 1626 das Dorf und den Turm der Ka­pelle niederbrannten. Doch schon 1631 wurde sie durch den Meister Paul Voß erneuert. Eingesetzt hatte sich für den neuen Guss Pastor und Super­intendent Friedrich Leseberg gemeinsam mit dem Amtmann zu Lüne, Thomas Damman. Zu ihrer Zeit herrschte Herzog Christian von Braunschweig und Lüneburg.
Die Zeiten überdauert hat hingegen die mechanische Uhr aus dem 17. Jahrhundert im hölzernen Dachreiter, die zu jeder halben und vollen Stunde schlägt. Auf deren spitzem Türmchen prangt die goldene Wetterfahne mit der Jahreszahl 1682.
Bevor in Adendorf 1959 die heutige Emmaus-­Kirchengemeinde entstand, gehörten die Einwohner, sofern evangelisch-lutherisch, zur Kirchengemeinde Lüne. Auch die Johanneskapelle befand sich bis dahin noch im Besitz des Klosters. Zwei Mal im Monat finden dort heute Gottesdienste statt; auch für Taufen, Trauungen und Musikveranstaltungen ist die Johanneskapelle ein begehrter Ort. Ein besonders beliebter Treffpunkt ist hier der auch in diesem Jahr am 1. Advent be­ginnende Nikolausmarkt. Was zeigt: Damals wie heute ist die Johanneskapelle ein lebendiger Ort der Begegnung für viele Menschen.(ilg)
Fotos: Enno Friedrich

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