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Abwarten und Teetrinken

geschrieben von Rüdiger Albert im Februar 2011

Kein anderes Getränk wird auf der Erde häufiger getrunken als Tee.

Eine kurze Bestandsaufnahme – von Rüdiger Albert

Teeschlürfer und Kaffeetrinker, so hört man zuweilen, pflegen unterschiedliche Temperamente: Der Kaffeetrinker gilt als Aktivist, der seinen Körper und sein Gemüt mit Hilfe von Koffein auf höhere Drehzahlen bringt. Der Teeschlürfer erreicht angeblich das gleiche Ziel durch die Aktivierung seiner „grauen Zellen“ — mit Tee. Ihm werden eher meditative als handlungsorientierte Charaktermerkmale nachgesagt, nach der Devise: „Kommt Zeit, kommt Rat — erstmal Abwarten und Teetrinken“. An diesen Klischees ist unbestreitbar, dass das Teein des Tees den Geist des Genießers auf andere Weise anregt und beflügelt als der Koffein-Anteil des Kaffees, der über Herz und Kreislauf stramm seinen Weg sucht und findet. Stoffwechselexperten jedenfalls haben erkannt, dass beim Zusammenwirken von Zucker und Teein das zentrale Nervensystem besonders gut mit Energie in Form von Blutzucker versorgt wird. Was das Süßen betrifft, so ist weißer oder brauner Kandis hervorragend geeignet, um den Teegenuss mit noch höherer Aktivität der grauen Zellen zu bereichern. Zuweilen hört man auch, dass Tee so richtig zu besinnlichen

Zeitgenossen passe, denen womöglich Schwung und Tatkraft abgehe. Diese Behauptung rührt vielleicht daher, dass der Tee asiatischen Ursprungs und bis heute eng mit fernöstlichen Meditations- Traditionen verknüpft ist. Felix Magath, Trainer des Fußballbundesligisten 1. FC Schalke 04, ein Freund von Tee und Trainingsfleiß, widerspricht dieser These keineswegs, wenn er in der ein oder anderen Pressekonferenz zum verbalen Rundumschlag ausholt. Ausnahmen wie Magath bestätigen solche Regeln.Die japanische Tee-Zeremonie ist ohne das chinesische Zen-Ritual nicht vorstellbar. Die Chinesen waren es denn auch, denen wir die Entdeckung des feinen Teearomas verdanken. Aber für das Reich der Mitte gilt selbstredend die Faustregel: Keine Erfindung ohne Legende. Angeblich, und das ist nur eine von zahlreichen Tee-Anekdoten, sollen dem chinesischen Kaiser Chen Nung bei der Rast unter einem Baum auf einem Jagdausflug einige Blätter ins vor ihm kochende Wasser gefallen sein

Teeblätter, wie zu vermuten ist. Das Aroma soll den ermüdeten Mann neugierig gemacht, und die anregende Wirkung soll ihm beschwingt wieder in den Sattel geholfen haben. Die Blätter fielen seinerzeit wohl wirklich von einem Baum herab, nicht etwa von einem Teestrauch. Der muss heutzutage nämlich regelmäßig zurück geschnitten werden, damit die Pflücker die Blätter auch erreichen. Ohne diese Stutzung wüchse der Tee schnell bis zu einer stattlichen Höhe von zehn Metern heran. Die segensreiche Wirkung, wie sie dem wackeren und neugierigen Kaiser von China zuteil wurde, spendet Tee übrigens nur dann, wenn die Dauer des Ziehens auf höchstens drei Minuten beschränkt bleibt. Drei bis vier Minuten länger im heißen Bad, und das belebende Getränk verwandelt sich in ein beruhigendes und entspannendes Labsal. Die zwei gegensätzlichen Wirkungsweisen des Tees liegen also eng beieinander.

Ein Slogan, der in Kreisen von Teeliebhabern kursiert, besagt, dass man Tee trinkt, um den Lärm der Welt zu vergessen. Eine zweite Ursprungsversion (sie klingt nicht minder wahrscheinlich) erzählt, dass ein reisender Gelehrter vor rund fünftausend Jahren Tee aus Indien nach China gebracht haben soll. Luh Yü (um die Mitte des achten Jahrhunderts) heißt der erste Apostel des Tees. In seinem Werk, dem „Ch’a a-king“, der heiligen Schrift vom Tee, schuf er einen Tee-Katechismus. „Nach Luh Yü“, so schreibt der Japaner Okakura-Kakuzo in seinem „Buch vom Tee“ muss die beste Sorte Teeblätter „Falten zeigen wie die Lederstiefel der tatarischen Reiter, sich zusammenrollen wie die Wamme eines gewaltigen Stiers, sich entfalten wie Nebel, die einer Schlucht entsteigen, leuchten wie ein vom Zephirhauch berührter See, und feucht und weich sein wie feine, eben erst vom Regen bespülte Erde.“ Um 1600 brachte die holländische Ostindische Kompanie dann die ersten Ernten nach Europa. Und die Holländer, nicht die Briten, schenkten vor allen anderen Europäern das aromatische Gebräu in die Becher, freilich nur die Wohlhabenden.

Grün oder schwarz?

Nun ist Tee nicht gleich Tee. Die Regel „two leaves and a bud“, zwei Blätter und die Spitze, gilt zwar für alle Teepflücker gleichermaßen, aber die Unterschiede zwischen den Teesorten und ihren Qualitäten sind doch erheblich. Grundsätzlich wird unterschieden zwischen „First Flush“, die Frühlingsernte gleich nach der Regenzeit und gleichzeitig die wertvollste. Weiter zwischen „Second Flush“ der Sommerpflückung und den „Autumnals“, der Herbsternte. Darin sind sich die wichtigsten Teenationen Indien, China, Sri Lanka (Ceylon), Kenia, Türkei und einige weitere afrikanische und südamerikanische Länder einig. Die Sorten freilich teilen sie nicht. Den berühmtesten Tee der Welt, den Darjeeling, ernten die Inder, ebenfalls den nicht minder bekannten Assam. In Sri Lanka wächst Uva, etwas kräftiger im Geschmack als der Darjeeling, ihm in der Qualität jedoch durchaus ebenwürdig. Alles schöne, wohlschmeckende, schwarze Tees. Und wie wird der Tee schwarz? Nachdem die Blätter und Spitzen durch mehrstündiges Welken geschmeidig wurden, müssen sie sich zwischen Messingplatten quetschen lassen, so können die Zellsäfte mit dem Sauerstoff der Luft chemisch reagieren. Durch dieses Verfahren wird der Teein- Gehalt aktiviert und der Gehalt an Gerbstoff verringert. Dabei verfärben sich die Blätter und Spitzen ins Dunkele. Der Moment, in dem dieser Prozess durch rasches Trocknen der Blätter und Spitzen unterbrochen wird, ist gleichzeitig das Geheimnis des Produzenten und der entscheidende Schritt auf dem Weg zum jeweils typischen Teearoma. Von jetzt an ist das Aroma von schwarzem Tee nicht mehr zu beeinflussen. Die Chinesen pflanzen eher sanfte Geschmacksqualitäten. Am bekanntesten jedoch ist ihr grüner Tee, der im Übrigen von derselben Pflanze stammt wie der Schwarztee, jedoch nicht fermentiert wird. Unter dem Namen Gunpowder, benannt nach den kugelig, gerollten Blättern, genießt er hierzulande besondere Popularität.

Ein Ort für alle Teesinne

Mehr als zehn Millionen Haushalte in Deutschland haben im vergangenen Jahr Tee von Meßmer gekauft. Alle Meßmer-Teesorten werden in der Hafen City in Hamburg entwickelt: Die Tees stammen von Anbaugebieten aus der ganzen Welt, die Rezeptur aber entsteht im Meßmer Momentum. Im Momentum kann man den Tea-Tastern zusehen, wie sie täglich bis zu 200 Sorten und Mischungen probieren. Außerdem ist das Momentum eine vielfältige Tee-Erlebniswelt mit einer eleganten hanseatischen Tea-Lounge, mit einer Fülle wohlschmeckender Tees und Tee-Accessoires im Shop und mit einem multimedialen Museum. (Rüdiger Albert) Fotos:Ostfriesische Teegesellschaft