Platz genommen Gesine Ratajczyk und Dr. Udo Niesten-Dietrich
geschrieben von Natascha Mester im März 2014Er leitet das Adendorfer ALCEDO SPA und das Gesundheitszentrum IMPULS in Leverkusen, ist im Coaching von Führungskräften, in der Forschung, im Gesundheitsmanagement und in den Sportwissenschaften zu Hause. Sie ist Profi, wenn es um die Entwicklung von Trainingskonzepten geht, leitet Fortbildungen, führt das Betriebliche Gesundheitsmanagement durch, ist Ernährungscoach und aktive Fitnesstrainerin. Dr. Udo Niesten-Dietrich und Gesine Ratajczyk: ein Paar, dessen Wege sich nicht nur beruflich kreuzen, sondern das sich auch im Privaten wunderbar ergänzt.

Frau Ratajczyk, Herr Niesten-Dietrich, in Ihrem Leben spielen Sport und das Thema Gesundheit eine zentrale Rolle. Gab es dafür einen konkreten Auslöser?
Gesine Ratajczyk: Ich habe schon als Kind geturnt und entdeckt, dass es mir unglaublich viel Spaß macht. Das Kunstturnen, mit dem ich auch bei Wettkämpfen antrat, habe ich ab einem gewissen Alter aufgegeben; dennoch war immer klar: Sport wird auch weiterhin mein Thema sein. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man sich für einen Beruf entscheiden sollte, an dem man Spaß hat. Das Thema Sport begeistert mich und ich habe Freude daran, es anderen zu vermitteln, folglich lag es nahe, auch einen entsprechenden beruflichen Weg einzuschlagen. Ich studierte Sport auf Lehramt in Kombination mit den Fächern Deutsch, Kunst und Psychologie. Gerade Sport und Psychologie ist eine perfekte Kombination, wenn man plant, in die Aus- und Fortbildungsrichtung zu gehen.
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Meine ersten „sportlichen Schritte“ begannen beim Mutter-Kind-Turnen, allerdings gestaltete sich dieses damals noch so, dass die Mutter mich zum Unterricht brachte und abholte. Ich erinnere mich genau, dass ich damals – das muss etwa im Alter von sechs Jahren gewesen sein — mit Begeisterung in der Turnhalle die Taue hinauf- und hinunterkletterte. Diese ersten Erfahrungen prägten mein Bewusstsein für den Sport. Meine gesamte Schulzeit verbrachte ich später in meiner Geburtsstadt Bad Oeynhausen als Turner im Sportverein oder auf dem Sportplatz bei der Leichtathletik — nicht gerade zur Freude meiner Eltern, denn mit den Hausaufgaben hatte ich es nicht so. Als ich mich für zwei Jahre bei der Bundeswehr verpflichtete, besuchte ich dort die Bundeswehr-Sportschule in Warendorf und knüpfte über Professor Simon den ersten Kontakt zur Sportmedizin. Dies war für mich eine regelrechte Offenbarung, die Erkenntnis, dass Gesundheit und Sport untrennbar zusammengehören. Das Resultat war meine Entscheidung, Sportwissenschaften und Biologie für das höhere Lehramt zu studieren.
Nennen Sie doch einmal die wichtigsten Stationen aus Ihrer Vita.
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Nach dem Studium und dem ersten und zweiten Staatsexamen schloss ich ein Referendariat an. Doch der Schuldienst erschien mir dann doch zu einseitig – eben pädagogisch – ausgerichtet. Ich war schon damals eher interdisziplinär interessiert, wollte sowohl in der Lehre, in der Wissenschaft als auch in der Praxis tätig sein, denn diese Verknüpfung erschien mir sinnvoll. Also schloss ich den Promotionsstudiengang Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Sportmedizin und Trainingslehre in Münster, dann Mainz und Köln an. Bis heute liegt mein wissenschaftlicher Schwerpunkt in der Erforschung von Auswirkungen sportlicher Aktivität auf den Menschen. Hier arbeite ich mit dem sportmedizinischen Institut der Uni Münster zusammen.
Die Fitnessstudios stellen eine optimale Schnittstelle dar, um anhand der Forschungsergebnisse Aufklärung zu leisten.
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Das ist richtig, durch meine Tätigkeit im ALCEDO als auch als geschäftsführender Gesellschafter der IMPULS – Fitness- und Gesundheitssport GmbH im Bayerwerk, Leverkusen habe ich ein wunderbares Lern- und auch Lehrfeld.
Frau Ratajczyk, welche waren Ihre wichtigsten Stationen?
Gesine Ratajczyk: Nach dem Studium und mehreren Praxisjahren in verschiedenen Fitnessstudios in Hamburg tat ich den Schritt in die Selbständigkeit und eröffnete am gleichen Standort, wo heute das ALCEDO zu finden ist – damals eine multifunktionale Sportanlage — ein kleines aber feines Aerobicstudio. Nach über sieben Jahren wechselte ich in den Bereich Entwicklung von Trainingskonzepten. Ich wurde eingeladen, an einem Trainingskonzept mit dem Namen Therarobics mitzuwirken, in dem das so genannte elastische Thera-Band Verwendung findet. 17 Jahre lang übernahm ich den Aufbau der Thera-Band Academy (ARTZT Institut).
Und parallel unterrichteten Sie als Trainerin im Studio.
Gesine Ratajczyk: Ich meine, man sollte selbst unterrichten, um die Entwicklungen, an denen man in der Theorie beteiligt ist, in der Praxis überprüfen zu können. Da habe ich, ähnlich wie Udo, das große Glück, dies tun zu können.
Die Thera-Band Academy war ein großer Lebensabschnitt, den Sie vor Kurzem abgeschlossen haben.
Gesine Ratajczyk: Das ist richtig, und ich habe diesen Schritt sehr bewusst getan. Ich möchte noch einmal mit neuer Energie durchstarten, und dies werde ich nun in einem anderen Unternehmen im Bereich Trainings- und Fortbildungskonzepte realisieren.
Dieser Schritt ist dann zumindest inhaltlich keiner, der Sie von ihrem ursprünglichen Thema wegführt.
Gesine Ratajczyk: Nur zum Teil, denn neben den Konzeptentwicklungen und Fortbildungen, um die es auch in dem neuen Unternehmen, einem renommierten Hersteller für Sportgeräte, geht, soll auch ein neuer großer Standort für Lüneburg, Hamburg und Bremen im Bereich Personal Training aufgebaut werden.
Sie beide sind in unterschiedlichen Bereichen aktiv, treffen sich aber in der Sport-Praxis. Ist dies ein verbindendes Element in Ihrer Beziehung?
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Auf jeden Fall. Diese Gemeinsamkeit, dass man sich hier ergänzt und auch austauschen kann, ist ein großes Glück und auch eine wunderbare Möglichkeit, wie zwei voll berufstätige Menschen über die gemeinsamen Inhalte zusätzliche Zeit miteinander verbringen können.
Gesine Ratajczyk: Es ist gut, jemanden an seiner Seite zu haben, der die Inhalte nachvollziehen kann, die einen beschäftigen. Udo ist für mich Partner, Ratgeber und konstruktiver Kritiker in einer Person, das schätze ich sehr. Es gibt nichts Schöneres, als nach einem anstrengenden Schulungswochenende nach Hause zu kommen und zu wissen: Da ist jemand, der genau weiß, was man geleistet hat und entsprechend damit umgehen kann.
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Noch ein positives Resultat für unsere Ehe: Wir haben uns durch unseren Wissensdurst in puncto Sport gemeinsam weiterentwickelt. Wenn nur ein Partner diese Entwicklung vollzieht und der andere stehen bleibt, kann es schnell zu Dissonanzen kommen.
Gesine Ratajczyk: Diesen Raum, uns weiterentwickeln zu dürfen, den haben wir uns immer gegeben. Ich glaube, das ist unser Rezept für eine gute und stabile Ehe. Bis jetzt ist uns das perfekt gelungen, dafür bin ich wahnsinnig dankbar.
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Dies funktioniert natürlich nur, wenn man gegenseitig auf Verlässlichkeit bauen kann. Diese Tugend steht in meinem Wertesystem ganz weit oben.
Der Erkenntnisgewinn im Sport- und Gesundheitsbereich schreitet rasant fort. Welche Verantwortung trägt man da als Leiter eines Fitnessstudios, als Trainerin?
Gesine Ratajczyk: Mein Anspruch an mich selbst ist es, immer auf dem neuesten Stand zu sein. Ich absolviere jedes Jahr zusätzliche Masterausbildungen, um mein Wissen zu erweitern. Dadurch, dass ich so stark in der Fortbildungsbranche tätig bin, nimmt dieses Wissen einen hohen Stellenwert ein, ebenso wichtig ist es aber auch, neue Trends zu hinterfragen und zu sondieren, was wirklich dem eigenen Verständnis von gesundheitsfördernder Bewegung entspricht. Dieses dann an die Trainierenden weiterzugeben, darin sehe ich meine Verantwortung.
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Darin sehe auch ich meine Hauptverantwortlichkeit. Im „IMPULS“ in Leverkusen, wo wir für das Bayer-Werk Teile des Betrieblichen Gesundheitsmanagements übernehmen, führe ich jeden Montag Führungskräfte-Coachings im Fitness- und Gesundheitsbereich durch. Das bedeutet auch: Ich sorge dafür, dass sämtliche Trainer grundsätzlich auf einem Wissensstand sind, für den ich meine Hand ins Feuer legen kann. Ein Fitnessstudio kann mit fehlender Anleitung und fehlendem Know-how auch krank machen. Dadurch, dass ich aus dem sportmedizinisch-therapeutischen Bereich komme, steht für mich grundsätzlich die Gesundheit im Fokus aller Aktivität.
Weshalb fällt es uns heute eigentlich so schwer, uns körperlich zu betätigen?
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Der Mensch ist programmiert auf Lustgewinn und Schmerzvermeidung. Wenn ich mich also nicht bewegen muss, tue ich es auch nicht. Es sei denn, ich fange irgendwann an, Sport als Lustgewinn zu empfinden.
Gesine Ratajczyk: Was viele heute vergessen: Es ist ein Geschenk, dass uns unser Körper mit allen seinen wunderbaren Fähigkeiten zur Verfügung steht und durchs Leben trägt. Wir selbst tragen die Verantwortung dafür, das zu tun, was er benötigt, um ihn funktionstüchtig zu halten.
Lassen sich Menschen denn von diesem Argument zu mehr Sport bewegen?
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Eindeutig nein, sonst wäre Prävention ja ganz einfach. Unser genetisches Potential ist auf Bewegung ausgerichtet. Früher haben wir 90 % unserer Muskulatur gebraucht, um uns fortzupflanzen und zu ernähren. Heutzutage brauche ich noch genau 5 %. Unsere „Jagd“ dauert heute nur noch wenige Minuten und besteht darin, im Supermarkt den Wagen vollzuladen. Doch unser genetischer Code hat sich im Laufe der Evolution nicht verändert; wir brauchen Bewegung, die wir unserem Körper nicht zugestehen. Eine Studie besagt, dass im Jahr 2030 jeder Dritte an Diabetes II oder seinen Vorstufen erkrankt ist.
Die Lösung lautet also „Sport als Lustgewinn“. Doch wie bringt man dauerhaft den inneren Schweinehund um die Ecke?
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Wer jetzt die ultimative Geheimwaffe erwartet, den muss ich enttäuschen. Machen wir uns nichts vor, Sport bringt nicht immer Spaß! Auch bei uns sitzt dieses Haustier oft überraschend auf dem Sofa. Einzig mit der Kontinuität kann ich ihn überlisten. Zu wissen, dass ich mich nach dem Sport besser, fitter, ausgeglichener fühle, das kann motivieren, dranzubleiben. Doch dies braucht ein wenig Durchhaltevermögen, um sich selbst in der ersten, schwierigen Zeit auszutricksen.
Gesine Ratajczyk: Dabei gibt es tatsächlich einige gute Maßnahmen, mit denen man dies schaffen kann. In den Fitnessstudios gibt es heute die verschiedensten Angebote. Mein Tipp lautet: so viele unterschiedliche Kurse und Sportarten auszuprobieren, wie möglich. Irgend etwas wird dabei sein, das einen anspricht, sei es der Sport in der Gruppe oder aber auch ein Personal Trainer, der mich antreibt. Die Lösung lautet: sich für etwas begeistern.
Ich bin sicher, es war auch der Sport, der Sie zusammenführte. Wo sind Sie sich erstmals begegnet?
Gesine Ratajczyk: Es war auf einem Seminar in München, bei dem es um die Entwicklung eines neuen Trainingskonzeptes ging. Mein Mann war als Referent geladen, so lernten wir uns vor 16 Jahren kennen.
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Gesine sah als Kursteilnehmerin nicht gerade begeistert aus, als ich den Raum betrat.
Gesine Ratajczyk: Ich musste ihn erst einmal scannen. Auf jeden Fall war Udo mir sofort sympathisch.
Und dann ging alles ganz schnell?
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Keineswegs, es dauerte fast zwei Jahre, in denen wir nur beruflich miteinander zu tun hatten, bis wir privat zusammen kamen.
Welche Eigenschaften schätzen Sie an Ihrem Partner?
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Gesine ist extrem kreativ, an ihr ist eine Innenarchitektin verloren gegangen. Gleichzeitig aber ist sie perfekt strukturiert; zwei Eigenschaften, die nicht zwangsläufig gemeinsam auftreten. Und dann verfügt sie über diese wichtige Eigenschaft, die ich vorhin schon nannte: Verlässlichkeit.
Gesine Ratajczyk: Udo ist ein wunderbarer Zuhörer. Er hat die Fähigkeit, mich aufzubauen, mir Kraft zu geben für die Ziele, die ich verfolge.
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Wir sind beide Alphatiere. Es ist gut, dass wir im Beruf unsere eigenen Bereiche haben, alles andere wäre vermutlich nicht immer so leicht. Ansonsten sind wir sicherlich ein Dream-Team.
Wo tanken Sie auf, wenn der Feierabend eingeläutet wird?
Gesine Ratajczyk: Natürlich brauchen auch wir Abstand zum Berufsalltag. Und Sie werden sich wundern – auch hier ist es der Sport, der uns dabei hilft. Das Schöne ist, wir können diese Zeit gemeinsam genießen, denn die Bewegung tut uns beiden gut. Mein Mann fährt außerdem gerne Ski und hat mir diesen Sport auch wieder näher gebracht. Aber einmal abgesehen von der Bewegung: Unser Freundeskreis, den wir auch gerne und intensiv pflegen, bedeutet uns sehr viel.
Dr. Udo Niesten-Dietrich: Wir schlafen beide gern in fremden Betten – damit sind natürlich die Hotelbetten auf unseren Reisen gemeint, die wir unternehmen, um Abstand zum täglichen Allerlei zu bekommen. Aufzutanken bedeutet für mich aber auch, gemeinsam mit Gesine und meinen Kindern Lars und Jana Zeit zu verbringen, eine Herzensangelegenheit, die ich selten genug genießen kann, denn Lars studiert in Kanada BWL und Jana Jura in Münster.(nm)
Fotos: Enno Friedrich, FOTOGRAFIERT IN ANNA’S CAFÉ
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