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Amadé

geschrieben von Natascha Fouquet im Januar 2018

Olaf Schmidt blickt hinter die Fassade der Kunstfigur Mozart und zeichnet in seinem neuen Ballettstück das Bild eines überaus facettenreichen Charakters

Geboren wurde er 1756 in Salzburg, sein Leben sollte nach gerade einmal 35 Jahre enden: Wolfgang Amadeus Mozart. Über kaum einen Musiker wurde mehr spekuliert, kaum einer erhielt eine stärkere mediale Aufmerksamkeit als der vermeintliche Wunderknabe. Miloš Forman zeigte in seinem Film „Amadeus“ 1984 Mozart als Bonvivant, als Exzentriker, der gleicher­maßen getrieben war von seiner Musik wie von seiner Vergnügungssucht. Den gleichen Tenor bediente ein Jahr später Popstar Falco in seinem Stück „Rock Me Amadeus“. Publikumswirksam wurde der Musiker und Komponist kurzerhand zum Superstar stilisiert. Olaf Schmidt nähert sich mit seinem Tanzstück „Amadé“ jener Persönlichkeit, die sich hinter den Legenden und Superlativen verbirgt. Schlaglichtartig beleuchtet er in seiner Uraufführung Momentaufnahmen aus Mozarts Leben: das Reisen, die Vater-Sohn-Bindung, die Schwäche für das Glücksspiel, auch den Tod.
Es sind vor allem die Briefe des Musikers, aber auch neueste Erkenntnisse aus der Hochbegabten-­Forschung, die die Grundlage für den vielschichtigen Bilder­bogen liefern, den der Choreographspannt. Man habe eine Annäherung an den Menschen versucht, der hinter dem Super­star-­Image verschwindet, so Regisseurin Christina Schmidt. Dafür war eine intensive ­Recherche notwendig. Begegnet sind sie einem Menschen, der weniger ein Genie von Gottes ­Gnaden war, als ein unglaublich fleißiger Musiker; ein Kreativer, der über einen wachen, kritischen Geist verfügte, der sowohl ­Humor hatte, als auch in tiefer Verzweiflung versinken konnte. Will man Mozart gerecht werden, kommt man nicht umhin, ein differenziertes Bild zu malen. Unterstützt ­werden Olaf und Christina Schmidt dabei von ­Barbara Bloch, die für das Bühnenbild verantwortlich zeichnet und Kostümbildnerin Susanne Ellinghaus.
Der Soundtrack des Abends ist 100 % Mozart — gespielt von den Lüneburger Symphonikern unter der musikalischen Leitung von Ulrich Stöcker, gesungen von Signe Ravn Heiberg. Großartig fürs Publikum, eine enorme Herausforderung für die Tänzer Anibal dos Santos (Amadé), Júlia Cortés, Rhea Gubler, Gabriela Luque, Giselle Poncet, Claudia Rietschel, Wout Geers, Francersc Marsal, Wallace Jones und Phong Le Thanh. Mozarts Musik sei überaus akzentuiert aufgebaut, erläutert die in Regensburg lebende Regisseurin. Nach jeweils acht Takten gäbe es eine Zäsur, die sich nur schwer in einen getanzten Bewegungsfluss einbauen lässt. Wie es Olaf Schmidt gelingt, diesen Gordischen Knoten zu lösen, wird in der Premiere am 20. Januar im Theater Lüneburg zu erlebe sein. Übrigens: Der Name „Amadeus“ ist das Ergebnis einer scherz­haften Wortspielerei Mozarts selbst, dessen vollständiger Taufname Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theo­philus Mozart lautete. Das griechische Theophilus („Gottlieb“) übersetzte Mozart später in seine französische Entsprechung Amadé bzw. latinisierend Amadeus.(nf)
Foto: Jochen Quast

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