Drostes Wiglaf liest die Stadt
geschrieben von André Pluskwa im November 2012Wiglaf Droste liest am 13. November in der Ritterakademie:„Sprichst Du noch, oder kommunizierst Du schon?“

Machen wir es kurz: Wiglaf Droste, Schriftsteller, Musiker, wortgewandter „Allesscheissefinder“ und selbst ernannter „Kotspürhund“ kommt in die Stadt, um aus seinem neuen Buch „Sprichst Du noch oder kommunizierst Du schon?“ zu lesen.
So weit, so gut.
Das mit den Lesungen vor Publikum macht er nicht, weil er mag, sondern weil er Geld verdienen muss. Alle künstlerische Notwendigkeit und Selbstmehrwertgedöns sind für ihn eigentlich mit dem Schreiben seiner Zeilen erledigt, den Rest würde er sich gerne schenken, aber dafür wäre ja dann kein Geld da. Schon 2002 bekannte er, dass er am liebsten gern fernab aller Öffentlichkeit so einfach vor sich hin existieren wolle, zudem Interviews grundsätzlich eher „scheiße“ finde und fortan so wenig wie möglich zu geben gedenke. Die Schreiberlinge würden ja eh nur Mist verzapfen. Wir haben trotzdem angefragt und er hat nicht geantwortet. Doch wir lassen uns davon nicht entmutigen und schreiben trotzdem. Wir wollen den Mann ja nicht enttäuschen.
Alle künstlerische Notwendigkeit ist für ihn eigentlich mit dem Schreiben seiner Zeilen erledigt.
Ein Freibrief im Drostetexten? Also los! Beim Gedanken an leicht ergaunertes Zeilenhonorar wird die Stirn ganz schwitzig. Das „sch“ bei „schwitzig“ erkennt der plietsche Abiturient im Jahr x nach Pisa natürlich als Phonem. Wer schon immer mal wissen wollte, was das ist, blättere bitte bei Wikipedia nach. Im gleichen Atemzug gern auch den Wiglaf Droste nachschlagen, dann sparen wir uns den ganzen „Copy&Paste“-Quatsch. Wer sich weigert, via Netz das eigene Wissen aufzupeppen, hier eine Hilfestellung im Schnelldurchlauf: Droste hat studiert, für die taz geschrieben, Musik und Bücher produziert, Erfolge, Skandale, Sexismusvorwürfe eingeheimst. Er verfügt über einen schlechten Geschmack und manchmal auch über einen guten, hat Stil, bösen, schwarzen und gemeinen Humor, er liebt Satire, Kabarett und ist ein Intellektueller, ein Fieser und zweifelsohne ein Genie. Die meisten von uns kennen diesen Mann. Er hat einen imposanten Quer- und Quadratkopf, wie ihn sonst nur die Bayern tragen, dabei kommt er aus Herford, deswegen sagen die Leut’ Gott sei Dank auch nicht „Grantler“ zu ihm, sondern eben „Satiriker“. Oder, man beachte das Sloterdijksche „K“ bei „Kyniker“. Die Hauptaufgabe der aus der Antike stammenden Tradition des Kynismus definiert sich bekanntlich – oder hatten Sie das etwa nicht gewusst? – in der Steigerung des ethischen Bewusstseins der eigenen Mitbürger, aber nicht durch Belehrung, sondern durch Satire und Provokation. Doch während Sloterdijks „Philosophisches Quartett“ nun etwas mit der „Harald Schmidt Show“ gemein hat — den Umstand nämlich, dass beide Sendungen in diesem Jahr über den Fernsehjordan gingen, existiert Drostes Band „Spardosenterzett“ noch immer.
Alle künstlerische Notwendigkeit ist für ihn eigentlich mit dem Schreiben seiner Zeilen erledigt.
Menschen, die auf Empfehlung von Boulevardzeitschriften Wiglaf-Droste-Bücher kauften, verteilten bei „Amazon“ häufiger nur einen Stern des Gefallens und verhehlen auch ihr Unverständnis nicht ob der mitnichten wohlfeilen Miesepetrigkeiten, die der Mann da so in seinen Büchern zusammenschreibt. Deren Textwälle, zwar formschön und punktgenau formuliert, sind fast tollkühn zu nennen, rechnet man mal den Eifer und die Menge der Personengruppen hoch, die sich durchs Spiegelvorhalten eher an Bein oder Mieder uriniert fühlen, als dass das ethische Bewusstsein sich gesteigert wähnt. Aber vielleicht kriegt er das ja auch gar nicht mit. Moment mal, vielleicht ja unbewusst? Aber wer weiß das schon.
Fakt ist jedenfalls: Wer Droste heißt, der darf sein Kind auch schon mal Wiglaf nennen. Wenn dann, ein Schelm, der Hülshoff dabei denkt, auch noch ein Wortjongleur dabei heraus kommt, ist es zwar recht und billig, „Nomen est Omen“ zu zitieren, aber eben nicht verkehrt. Komischer Name, komischer Typ.(ap)
Foto: Axel Martens
„Sprichst Du noch,
oder kommunizierst Du schon?“
Wiglaf Droste liest
Ritterakademie
Dienstag, 13. November
20.00 Uhr
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