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Ein neues Bild des LSK?

geschrieben von Sebastian Balmaceda im Februar 2019

Wie Präsident Sebastian Becker und sein Team den Problemverein in ein eigenes Stadion und eine seriöse Zukunft führen wollen – von Sebastian Balmaceda

Er kam 2014 zum Lüneburger SK, weil es für seinen Sohn Max im heimischen Thomasburg keine Jugendmannschaft gab. Also meldete Sebastian Becker den jungen Kicker bei den Lüneburgern an. Und weil Not am Mann war, erklärte er sich bereit, ein halbes Jahr lang die Jungs zu trainieren.
Gut anderthalb Jahre später war Becker immer noch Jugendtrainer, aber obendrein auch Präsident des Traditions- und Problemvereins.
Im Sommer 2021 soll der LSK mit einem Freundschaftsspiel gegen den FC Bayern München sein neues, sein eigenes Stadion eröffnen. Das ant­wortet Becker auf die Frage, welchen Top-Verein er sich zur Stadioneinweihung wünschen würde.
LSK, Stadion, FC Bayern? Willkommen im Land der Träume?
Nein! Sebastian Becker ist ein angesehener Rechts­anwalt und Notar, neigt also nicht zu Phantas­tereien. Der 44-Jährige hat eine Idee, einen Plan, ein Team. Und Mut.
Bekannt ist: Der LSK ist heimatlos, spielt als nicht mehr so gern gesehener Gast beim VfL Lüneburg auf den Sülzwiesen.
Ende vergangenen Jahres gab der Verein völlig unerwartet bekannt: Wir haben einen Sponsor, der uns ein Stadion baut!
Wer ist der Gönner? Wo soll das Stadion entstehen? Wo spielt der LSK bis dahin? Darauf wollen die Verantwortlichen im Februar antworten. Quadrat spart sich Spekulationen. Es werden zu viele Namen und Standorte gehandelt …
Wer sich aber mit Sebastian Becker unterhält, spürt schnell: Der Mann ist vorsichtig. Und er weiß ganz genau, dass diese für den Lüneburger Sport ge­radezu sensationelle Entwicklung nur möglich wird, weil im Vereinsvorstand Top-Leute sitzen –die haben wiederum ein Team von etwa 20 Personen, das an diesem Traum mitarbeitet.
LSK – das sind drei Buchstaben, die in Lüneburg für Tradition stehen, für Fußball-Festtage, Abstiege, Meisterschaften, Aufstiege, für Wagner-Festspiele, für große Gehälter, große Namen, große Triumphe, für Tränen, Träume, Titel. Und sagenhafte Misswirtschaft!

„Ich bin Präsident des LSK von 2008. Der LSK von 1901 steckt im Insolvenzverfahren.“

Herr Becker, sitzen Sie nicht zwischen allen Stühlen? Hier die Traditionalisten des LSK, die „Alten“, die diesen Klub aufgebaut haben, dort diejenigen, die heute von einem modernen Verein in einem modernen Stadion träumen? „Ich bin Präsident des LSK von 2008. Der LSK von 1901 steckt im Insolvenzverfahren (Anmerkung der Redaktion: An diesem Verfahren scheint irgendjemand so viel pekuniäre Freude zu haben, dass es nicht zu Ende gebracht wird). Alle im Vorstand wissen um die Tradition des LSK, seine Bedeutung. Wenn wir diese Tradition dauerhaft erhalten wollen, müssen wir den Verein modernisieren. Wir dürfen nicht den Tod der schönen Erinnerung sterben.“
Der Modernisierungs- oder besser Normalisierungs­prozess ist in vollem Gange. Die Jugendabteilung des LSK bekommt endlich eine Heimat in der Goseburg. Becker: „In den letzten Jahren hatten wir mit dem Nachwuchs Training an sechs verschiedenen Standorten. Es gab Mannschaften, die haben nie eine andere Mannschaft des Vereins gesehen, schon gar nicht die 1. Herren. Die kannten viele nur aus der Zeitung. Jetzt kommt es schon häufiger vor, dass sich eine U8 nach dem Training mit den Regionalliga-Herren abklatscht.“
Das ist Vereinsleben wie in jedem Dorf.
In den vergangenen acht Jahren hat der am Boden liegende LSK in jedem Jahr zwei Jugendmannschaften dazubekommen, jetzt sind es 18. Der nächste Schritt soll diese Teams in den oberen Leistungsbereich führen. Becker ist aber fest davon überzeugt: „Nachwuchsarbeit auf hohem Leistungsniveau, zum Beispiel Niedersachsenliga, kann kein Verein in Stadt oder Landkreis allein schaffen. Wir brauchen dafür einen gemeinsamen Jugendförderverein. Andere Kreise zeigen, dass das geht, selbst im Großraum Hannover, wo sonst nur 96, Wolfsburg und Braunschweig dominiert haben.“
Dafür müsste es freilich gelingen, die jahrelang gewachsenen und oft begründeten Abneigungen, die Eitelkeiten, die Verletzungen unter den hiesigen Vereinen abzuhaken. Schwer.
Sebastian Becker und seine Mitstreiter, so scheint es, wären dazu bereit. Sie schauen mit gesunder Distanz auf die Situation. „Im Kreis Lüneburg wurden in den letzten 20 bis 25 Jahren andere Projekte gefördert. Das ist völlig in Ordnung“, sagt ­Becker und meint das Theater, die Museen oder die Universität. In Städten wie Chemnitz wurde da­gegen einfach mal ein Fußballstadion gebaut.
Das möchte der LSK nach dem Verlust von Wilschenbruch jetzt selbst in die Hand nehmen. Im Blick: eine Fläche, mutmaßlich im Großraum Bardowick, für die kein neuer Bebauungsplan beschlossen werden muss – so etwas dauert in Deutschland ja gern länger. Eine Fläche, die gut erreichbar ist, Parkmöglichkeiten bietet und keine Anwohnerproteste befürchten lässt.
Becker ist zuversichtlich. Der geheime Investor sei hoch seriös, die Planung vernünftig. Entstehen soll: „Ein Stadion nicht nur für den LSK, sondern ein Stadion, das den Leistungssport in der Region Lüneburg voranbringt. Die modernste Sportstätte zwischen Hamburg und Hannover.“ Eine Anlage für die nächsten „50 bis 100 Jahre.“
Dann hätte die Tradition LSK eine Zukunft. Warten wir es ab.
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Sebastian Becker und Kollegen haben ihre Kanzlei im ehemaligen Gerberhof in der Wandfärberstraße. Einst war hier ein Speicher des Klosters Heiligen­thal: hohe Räume, Backstein, alte Balken. Hier atmet Geschichte.
Und hier überrascht den Besucher eine feine Sammlung alter Kameras. Schon immer haben Menschen versucht, sich ein Bild zu machen. Vom Jetzt. Und von der Zukunft. Quo vadis LSK?

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