Erste Hilfe für Tiere in Not
geschrieben von Irene Lange im November 2017In der Wildtierhilfe Lüneburger Heide e.V. finden in Not geratene Wildtiere, Exoten und Fundtiere ein vorübergehendes Zuhause

Wer schon einmal ein lebensbedrohlich verletztes Tier auf der Straße gefunden hat, weiß um das Gefühl der verzweifelten Hilflosigkeit. Was ist zu tun? An wen kann ich mich wenden? Wie das Tier retten? Gut, dass es Menschen gibt, die in solchen Fällen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Täglich ist ein Team der Wildtierhilfe Lüneburger Heide e.V. mit der Stationsleiterin Diana Erdmann in der Wildtierauffangstation Soltau, Emhof 1, im Einsatz. Sie und ihre Mitarbeiter haben es sich zur Aufgabe gemacht, diejenigen zu beraten, die ein hilfloses Tier aufgefunden haben und nicht wissen, was zu tun ist. Verwaiste, verletzte, verlassene heimische Wildtiere werden hier aufgenommen, um sie liebevoll zu pflegen und sie anschließend nach Möglichkeit möglichst wieder auszuwildern. Asyl finden hier jedoch auch Exoten wie Schildkröten, Leguane oder Schlangen. Die meisten sind vermutlich illegal nach Deutschland eingeschleust worden – ein Verstoß gegen das Washingtoner Artenschutzgesetz. Ebenso bevölkert eine besonders große Zahl Papageien die Volieren. Zur Zeit sind es etwa 50 Vögel, deren frühere Besitzer mit der Haltung überfordert waren. „Manche Tiere haben ein dramatisches Schicksal erleiden müssen“, bemerkt Diana Erdmann während eines Rundgangs vorbei an den geräumigen Volieren, an denen die Besucher mit ohrenbetäubendem Gekreisch empfangen werden. Sie weist auf einen kleinen zerrupften Kakadu hin. „Purzel hat es besonders schwer erwischt:

Er kam in einem jämmerlichen Zustand und mit schweren Verhaltensstörungen in die Station“, erzählt sie. Es sei übrigens erwiesen, dass ein Papagei über die Intelligenz eines drei bis vierjährigen Kindes und zudem über eine Selbstwahrnehmung verfügt. Überhaupt sei die Forschung in den letzten Jahren gen musste, so dass ihre Zitzen fast bis zur Erde reichen. Inzwischen hat sie zu den Tierpflegern ein wenig Vertrauen gefasst, Fremden gegenüber ist sie jedoch noch immer scheu. 14 weitere Leidensgenossen von Berta – zum Teil noch im Welpenalter — werden auf der Station aufgepäppelt.
Auch etwa 40 Katzen haben in der Wildtierstation Unterschlupf gefunden, darunter auch so manche Halbwilde, die als Mäusefänger einen neuen Wirkungskreis suchen. Das eine oder andere Jungtiere sucht ein neues Zuhause, „alle sind geimpft, gechipt und gesund“, versichert die Stationsleiterin.
Zurzeit landen viele Igel, Tauben, Rehkitze und Füchse in Soltau; letztere seien kurz vor der Auswilderung. Allerdings müsse jetzt in der beginnenden Winterzeit nicht jeder Igel eingesammelt werden, vor allem dann nicht, wenn er schon über 200 Gramm wiegt. Etliche Eulenarten und Bussarde, die entweder verletzt oder verwaist waren, werden hier wieder gesundgepflegt und in die Freiheit entlassen.

Laut Diana Erdmann werden jährlich rund 2.000 Tiere versorgt, ganz gleich, ob es sich um heimische oder exotische Vogelarten, Amphibien oder Waldbewohner wie Rehe, Hasen, Füchse usw. handelt. Von den heimischen Wildtieren können ca. 60% wieder ausgewildert werden.
Eigentlich begann für die aus Wedemark stammende Diana Erdmann alles mit einer kleinen Waldohreule, die sie bei einem Hundespaziergang fand. Sie nahm das kleine Federbündel mit nach Hause und brachte es zum Tierarzt, der es zunächst für eine junge Taube hielt. Als die kleine Eule schließlich identifiziert war, erhielt sie den Namen Gisbert. Doch wo den Vogel auf Dauer artgerecht unterbringen? Eine Möglichkeit fand sich schließlich in der Vogelpflegestation auf Gut Düendorf bei Wunstorf. Zu jener Zeit studierte Diana Erdmann Architektur, merkte aber bald, dass der Tierschutz und die Tierpflege ihr weitaus stärker am Herzen lagen. Inzwischen engagiert sie sich über 20 Jahre in der Tierpflege.
Im Oktober 2013 wechselte die Wildtierhilfe ihren Standort von Mittelstendorf auf den Emhof bei Soltau. Finanzieren konnte es Diana Erdmann zu einem Großteil mithilfe einer Erbschaft. Dennoch sei man weiterhin auf Spenden angewiesen, ohne welche eine solche Einrichtung nicht erhalten werden könne. Auch die Unterstützung, die von der jetzigen niedersächsischen Landesregierung noch gewährt wird, decke bei Weitem nicht die Kosten. „Da müssen wir immer wieder mit der Politik verhandeln“, bemerkt Diana Erdmann.
Das Team in der Station besteht aus acht hauptamtlichen Mitarbeitern in Voll- und Teilzeit, aus Praktikanten und engagierten Ehrenamtlichen. Fachliche tierärztliche Unterstützung steuert eine Tierärztin aus Walsrode bei, mit welcher Betreuungsverträge abgeschlossen wurden. Bei rund 6.000 m2 umbauter Fläche würden immer wieder Reparaturen anfallen, die zumeist von den Mitarbeitern erledigt werden müssen. „Teure Fachfirmen können wir uns nicht leisten“. Ohne die Geldsorgen könnte sie oft ruhiger schlafen, bemerkt Diana Erdmann. So hoffen sie und ihr Team, dass es irgendwie weiter geht. „Wenn wir diese Arbeit nicht machen, macht sie keiner“. Damit hilflose Wild- und auch Haustiere aus dem gesamten norddeutschen Raum weiterhin professionell und artgerecht gepflegt werden können, wird jede Unterstützung durch Spenden dankbar angenommen.
Fotos: Irene Lange
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