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Figurbetont

geschrieben von Natascha Mester im September 2013

Kunstobjekte sollten erlebbar gemacht werden, meint der Lüneburger Unternehmer Henning J. Claassen

Dass er sich bei der Auswahl der Skulpturen, die sein Hotelensemble im öffentlichen Raum umrahmen, für die Darstellung von Menschen entschieden hat, liegt, so Henning J. Claassen, auf der Hand: „Hotels sind Orte der ­Begegnung, Treffpunkte für Reisende aus aller Welt. Vor allem der letzte Aspekt — die Begegnung verschiedenster Nationalitäten — hat mich dazu be­wogen, den Brunnen, der heute vor dem Berg­ström steht, in Auftrag zu geben.“ „Partner von morgen“ lautet der Titel der von einer steten Wasserfontäne umgebenen Skulptur, die ein afrikanisches, ein asiatisches und ein europäisches Kind zeigt. Die Urheberin ist eine ehemalige Opernsängerin aus den Niederlanden – Stineke Willemsen —, der der Hotelier und Unternehmer auf einer seiner zahlreichen Reisen begegnete.
Der Anlass, ein solches „Kunststück“ öffentlich vor seinem ersten Lüneburger Haus zu positionieren, war die Eröffnung des Gästehauses „Alter Kran“ 1991 – ein Geschenk an das Haus, an sich selbst und die Stadt. Im Laufe der Zeit wurde diese Geste gewissermaßen zur Tradition: Als die „Lüner Mühle“ saniert wurde, fand man einen alten Mühlstein. Dass dieser einen Platz nahe dem restaurierten Gebäude erhalten sollte, stand für Henning J. Claassen von Beginn an fest; doch als schließlich der Standort mit dem unvergleichlichen Blick auf Ilmenau und Stint gefunden war, schien etwas zu fehlen. Also begab sich der passionierte Kunstsammler erneut auf die Suche; das Kriterium: Die Skulptur sollte auf den historischen Mühlstein passen. Fündig wurde er schließlich in einer Berliner Galerie. „La vita è bella“ – „das Leben ist schön“ heißen die drei im Kreis tanzenden Kinder des italienischen Skulpteurs Leonardo Rossi. Dieser wusste offensichtlich nichts von dem Verbleib seiner Arbeit in Deutschland und rief, als er von der Lüneburger Plastik erfuhr, erbost den neuen Eigentümer an, um ihn des Fälschens zu bezichtigen. Dank eines Zertifikates ließ sich das Missverständnis dann aber aus der Welt schaffen.
Und so scheinen alle Skulpturen, die Henning J. Claassen den Lüneburgern zugänglich macht, ihre eigene Geschichte mitzubringen.

„Mark Twain“ ist auf seiner Bank vor dem Marina Café des Hotels Bergström bereits in kürzester Zeit zum Publikumsliebling avanciert.

Auch „Mark Twain“. Er ist auf seiner Bank vor dem Marina Café des Hotels Bergström bereits in kürzester Zeit zum Publikumsliebling avanciert. Die Eröffnung des „Palais am Werder“ am 4. Mai 2013 lieferte den Anlass, um den bronzenen Schriftsteller nach Lüneburg zu holen, der neben Karl May zu den Lieblingsautoren des Unternehmers in Kindertagen zählte. Ihm begegnete Henning J. Claassen in einer Galerie in Thailand. Die Verkäuferin gab ihm den Hinweis mit auf den Weg, dass es Glück bringe, wenn man an Twains Nase reibe. Gerieben hat Claassen seither sicher oft, denn er sieht zufrieden aus — es scheint also zu funktionieren!

Dass er neben den Skulpturen auch einen guten Teil seiner Kunstsammlung in der Galerie im Hotel „Altes Kaufhaus“ und im „Palais am Werder“ der Öffentlichkeit zugänglich macht, das mag wohl zur Philosophie des Lüneburger Kosmopoliten gehören: „Ich bin nicht der Mensch, der Kunst in seinem Keller hortet, hin und wieder das Licht anmacht, und sich alleine an ihr erfreut. Kunst sollte erlebbar gemacht werden, dazu animieren, sich jederzeit nach Lust und Laune mit ihr auseinanderzusetzen. Oft beobachte er Kinder und Schulklassen, die sich die Figuren anschauen – und Mark Twain wird so häufig als fotogener Sitznachbar frequentiert, dass einige Stellen schon ganz blank gerieben sind. Streich gelungen, Sinn erfüllt!(nm)

Fotos: Hajo Boldt, Natascha Mester