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Finger weg von meinem Spielzeug!

geschrieben im Juni 2019

Allgemeine Besonderheiten von Caren Hodel

eit mein Sohn mit Playmobil spielt, schwebe ich im siebten Himmel. Nicht ganz uneigennützig habe ich ihm ein aufklapp­bares Wohnhaus mit allem Schnickschnack geschenkt – so eines, das ich selbst als Kind gern gehabt hätte. Ich kann gar nicht sagen, wer sich mehr gefreut hat: er oder ich. Ich habe diese Plastikfigürchen schon geliebt, als noch kein Mensch ein Handy hatte, damals, als die Männlein noch starre Hand­gelenke und blaue Finger hatten.
Als ich nach 30 Jahren Abstinenz wieder in die Playmobilwelt eintauchte, war ich verblüfft und begeistert zugleich, was sich getan hatte: Zu meiner Zeit trugen die Playmobilfrauen noch ein unförmiges Mini­kleid, das am Bauch abstand. Mittlerweile haben sie eine Taille, Brüste, Sommersprossen und zum Teil sogar richtige Frisuren. Nur eine Nase, die haben sie noch immer nicht. Dafür ein sagenhaftes Equipment – kaum eine Welt, die sich nicht nachbauen lässt: ein Shopping-Center mit Aufzug und Geldautomaten, ein Bäckerei-Fachwerkhaus mit fünf verschiedenen Brotsorten und eine Hotel-Suite, die mit Schlüsselkarte geöffnet wird. Auch einen Beauty-Salon können die Figürchen besuchen, oder eine Kirche mit Traualtar, passend dazu gibt es den Pianospieler, die Kutsche und die Hochzeitsgäste im Partyzelt.
Ich fühle mich wie in meine Kindheit zurück versetzt und halte mich auffällig oft und lange im Spielzimmer auf. Dann hocke ich vor meinem – äh, seinem – Playmobilhaus, verrücke die Möbel und lasse die unterschiedlichsten Gegenstände in die Hände der dauergrinsenden Figuren einrasten: Zahnbürsten, Blumensträuße oder Grillwürste.
Nun kommt es bedauerlicherweise immer wieder vor, dass wilde Kinder (meist meine eigenen) das Haus verwüsten. Unser großes sowieso, aber nun eben auch das Playmobil-Heim. Sie stellen Möbel um, werfen die Teller aus dem Küchenschrank ins Babybett oder führen Materialtests durch (Lässt sich der Deckel vom Klo eigentlich auch andersherum klappen? Ups, kaputt …). Das treibt mich zur Weißglut! Da verbringt man eine Ewigkeit damit, alle Lebensmittel in den Kühlschrank zu räumen – und mit einer klitzekleinen Handbewegung ist alles ruiniert, und man kann wieder von vorn beginnen.
Denken Sie, es wäre verwerflich, wenn ich das Playmobilhaus ins Elternschlafzimmer auf die hohe Kommode stellen würde? Da hätten wir alle was davon, denn ich glaube, meine Söhne würden gerne mal wieder in Ruhe allein spielen.
Mein Mann findet meine neue Spiel-Leidenschaft übrigens etwas befremdlich. „Ich wünschte, du würdest unser Haus mal ordentlich halten“, sagte er neulich im Spaß.

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