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Die Gottesbuden vom „Roten Hahn“

geschrieben von Irene Lange im März 2014

Einst Zuhause für bedürftige Lüneburger Bürger, heute preisgünstiger Wohnraum: Die dringend erforderliche Sanierung des Gebäudes „Roter Hahn“ ist in Teilen abgeschlossen

So reich wie die Stadt Lüneburg an historischen Baudenkmälern offensichtlich ist, so oft verbergen sie sich in den Gassen und Straßen, hinter unauffälligen Fassaden oder versteckten Innenhöfen. Zu diesen zählen auch die so­genannten „Gottesbuden“ in der Rotehahnstraße, die über Jahrhunderte einem wohltätigen Zweck dienten. Bedürftige Menschen fanden hier eine Unterkunft, und noch heute sind die bescheidenen kleinen Wohnungen günstig vermietet. Mit den Tau­steinbögen über den Türen, bleiverglasten Fenstern, winkligen Treppen, überdachten Aufgängen und einem Kräutergärtchen ist das historische Fachwerk-Ensemble einer der romantischsten Plätze in der Innenstadt, den es zu erhalten gilt. Am Eingang zum Innenhof weist ein Schild auf diesen hin – man sollte ihn sich anschauen, es lohnt sich.
Bis Dezember 2013 waren die drei zweigeschossigen Fachwerk-Giebelhäuser an der Straßenfront mit der aus dem Jahre 1596 stammenden Durchfahrtüberbauung zu den weiteren Gebäuden im gepflasterten Innenhof aufgrund umfassender Sanierungsarbeiten mit Planen verhüllt. Diese sind inzwischen beseitigt, nachdem der erste Bauabschnitt von insgesamz vier abgewickelt ist.
Über mehrere Jahrhunderte sorgen Stiftungen dafür, dass die Zeugnisse privater Frömmigkeit erhalten bleiben. Seit dem 13. Jahrhundert gingen die Zuwendungen aus Nachlässen freier Erblasser auch in private Stiftertätigkeit ein. So war es auch mit dem Komplex des „Roten Hahns“, der im Jahre 1478 erstmalig in einem Hausbrief erwähnt ist. Zu jener Zeit gehörte das Haus „Tom Roden Hane“ dem Ratsherrn Hinrik Erpensen, der noch im gleichen Jahr verstarb. Wie viele wohlhabende Bürger fühlte auch er sich verpflichtet, den Armen und Kranken zu helfen und vererbte seinen Besitz. Nicht zuletzt glaubte er, durch gute Werke sein ewiges Seelenheil zu finden, wie es der Glaube in der vorreformatorischen Zeit war. Sein Testament sah vor, eine Familienstiftung zu gründen.

Zweck der Stiftung sollte dem Wortlaut des Testaments nach die Verwendung für „arme, fromme Dienstmägde zu (Ge-)Wand und Schuhe und für Arme“ sein.
Es wird vermutet, dass in dem Gebäudekomplex um 1537 ein Hospital für Arme und Kranke eingerichtet worden war. Später kamen weitere kleinere Häuschen, die sogenannten „Gottesbuden, hinzu, die sich – man kann es heute noch sehen — um den malerischen, kopfsteingepflasterten Innenhof gruppieren.“ Die Bezeichnung stammt noch aus früherer Zeit, denn ihre Bewohner waren zumeist arme Mitbürger, die eine private Armenfürsorge erhielten und sich dafür verpflichteten, um das Seelenheil ihrer Gönner zu beten. Die Verwaltung der Stiftung „Roter Hahn“ lag bis 2005 in den Händen der Stadt Lüneburg. Von dort an ist die Lüneburger Bürgerstiftung als Eigentümerin des Komplexes eingetreten, um, so das Testament des Vorbesitzers, den Nachlass für die „Ärmsten der Armen der Stadt Lüneburg“ zu verwenden ­– unbestritten einer der schönsten Plätze in Lüneburgs Innenstadt.

Bereits Ende des 19. oder Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der gesamte Komplex einer Sanierung unterzogen, während die Wohnungen erst vor einigen Jahren „Nasszellen“ erhielten. Doch deckten bauphysikalische Untersuchungen im Jahre 2012 gravierende Mängel im Fassaden- und Dachbereich auf, so dass hier ein dringender Sanierungsbedarf herrschte, um die Substanz zu erhalten. Die zunächst veranschlagte Investition der Sanierung in Höhe von 1 Mio. Euro reichte allerdings längst nicht aus, denn die notwendige Sanierung gestaltet sich weitaus umfangreicher als ursprünglich ge­plant. Zusätzliche Schadstoffbeseitigung aus früheren Sanierungsarbeiten und beschädigte tragende Holzkonstruktionen sowie Kostensteigerungen im Handwerk haben zu erheblichen Mehrkosten geführt. Wie die Vorstandsvorsitzende der Lüneburger Bürgerstiftung, Elke Frost, erklärt, können diese Kostensteigerungen nicht aus Eigenmitteln aufgebracht werden. Die gemeinnützige Stiftung sieht sich jedoch in der Verpflichtung, das kostbare Baudenkmal „Roter Hahn“ mit seinen Wohnungen für bedürftige Lüneburger zu erhalten und bemüht sich daher um die Spendenbereitschaft wohlmeinender Bürger der Stadt, die auf Wunsch als potentielle Spender auf einer öffentlichen Dankestafel genannt werden. Sie würden dazu beitragen, dass das vom Zerfall bedrohte Juwel im Wasserviertel Lüneburgs für die nächsten Jahrhunderte erhalten bleibt.
Wenn Sie spenden möchten, wenden Sie sich gerne per E-Mail an efrost@frostmarketing.com oder telefonisch an Elke Frost unter (04131) 47634.(ilg)

Fotos: Enno Friedrich

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