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Höchste Eisenbahn!

geschrieben von Natascha Mester im Mai 2013

Vorreiterrolle in puncto Familienfreundlichkeit: Das Versandunternehmen Deerberg öffnet am 6. Juni seinen betriebsinternen Kindergarten in der Lilienthalstrasse 1 in liebevoll restaurierten Eisenbahnwagons

Sie stehen auf echten Schienen, die Lok und die zwei geräumigen Wagons, die sich frisch gestrichen am Logistik-Standort des Unternehmens Deerberg in der ersten Frühlingssonne präsentieren. Hier werden künftig die Kinder der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in einer kindergartenähnlichen Einrichtung betreut. Einige Jahre haben die Wagons von 1928 und 1929 schon auf dem eisernen Buckel, vom Eisenbahnverein wurden sie bereits in den Ruhestand geschickt. Dass sie nun doch noch einen letzten Auftrag erfüllen dürfen, das hätten sie sich sicher nicht träumen lassen.
Betreut werden von morgens bis zum Abend bis zu 30 Kinder, von 0 Jahren bis zum Schulalter — kos­tenlos und zum Teil sogar bis 18.00 Uhr, ganz nach Bedarf. „Ein Geschenk, das mit keinem Geld der Welt zu bezahlen wäre und mir viel Organisationsstress erspart“, freut sich Janina Henze, die für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Versandhandels zuständig ist.

Im Innern der zwei Wagons kommt dann echtes Reisefeeling auf: Während des gemeinsamen Mittagessens sitzt man warm und gemütlich in Vierergruppen auf den nach altem Vorbild gestalteten Zugbänken, über den kleinen Besuchern baumelt stilecht das Gepäcknetz. In der eingebauten Küchen­zeile wird dann auch schon mal gemeinsam gekocht. Und weil nach einem guten Mittagsmahl vor allem bei den Kleinsten schnell mal die Augen zufallen, befindet sich der Schlafraum direkt nebenan. In Wagon zwei dominiert ein großer Tisch den Raum, zahlreiche Fenster lassen viel Tageslicht herein; an den Wänden Regale, in denen sich die bekannten Deerberg-Schuhkartons stapeln, die alles beherbergen, was es zum kreativen Handwerken und Basteln braucht. Das inhaltliche und auch das räumliche Konzept wurden gemeinsam mit zwei

Dank einer neuer Dämmung, Heizung, Strom und warmem Wasser ist dies heute ein Ort, der Kinderträume wahr werden lässt.

dem weitläufigen, geschützten Gelände, auf dem der Kindergarten-Zug sein neues Zuhause gefunden hat, finden Knirpse alles, was Kinderherzen sich wünschen – vom Trampolin über ein Planschbecken, Spielgeräte, Büsche und Bäume für das tägliche Abenteuer und viel Fläche zum Toben, Spielen, Klettern und Beisammensein.
Vor zwei Jahren hat Deerberg den Lüneburger Stand­ort mit seiner Logistik bezogen, seither tauchte immer wieder die Frage nach einer ortsnahen Kinderbetreuung für den Mitarbeiternachwuchs auf. Zwar ist für das gesamte Gebiet eine städtische Einrichtung geplant, doch ist an eine schnelle Umsetzung aufgrund des bürokratischen Aufwands nicht zu denken.

Stefan Deerberg — selbst Vater und mittlerweile sogar Großvater — kennt die Probleme, die sich auf­tun, wenn man als berufstätige Eltern Familie und Beruf unter einen Hut bekommen will. Und so verlor man keine Zeit und antwortete mit dem Angebot auf die staatlich zugesicherte, verlässliche Betreuungspflicht für 0- bis 3-Jährigen. Angedacht war diese zwar ab dem Jahr 2013, doch sieht die Realität zurzeit noch anders aus. Aus diesem Grunde waren speziell die mittelständischen Unternehmen aufgerufen sich zu engagieren. Stefan Deerberg krempelte umgehend die Ärmel hoch, für seine Mitarbeiter und weil er findet, dass man als Unternehmer auch für eine Mitarbeiterbindung zuständig ist. „Wenn ich Mitarbeiter haben will, die über Jahre gerne bei Deerberg arbeiten, muss ich etwas dafür tun“, sieht sich der Unternehmer in der Pflicht. Als ungerecht empfindet er hingegen, dass der Staat eine solche Eigeninitiative nicht fördert. Selbst wenn sie öffentlich wäre, unterläge diese derart hohen Auflagen, dass die Umsetzung vermutlich Jahre gedauert hätte – der Bedarf ist jedoch jetzt akut vorhanden. Für alle Lüne­burger Unternehmen, die ähnliches planen, möchte sich Stefan Deerberg daher mit seinen Erfahrungen zur Verfügung stellen. Die Um­setzung, so der Lüne­burger, muss keinesfalls mit hohen Kos­ten verbunden sein – und schon gar nicht mit einem unüberschaubaren bürokratischen Aufwand. Interes­sierte können sich gern per E-Mail an stefan.deerberg@deerberg.de an ihn wenden.
Am 6. Juni heißt es dann endlich: „Einsteigen bitte“ – dann nimmt der firmeninterne Kindergarten für den Deerberg-Nachwuchs „Fahrt“ auf. Dieser Tag wird mit kleinen und großen Besuchern ge­feiert; jeder, der sich für das Projekt interessiert, ist herzlich willkommen!(nm)

Fotos: Enno Friedrich, Deerberg