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Zeitzeichen

geschrieben von Hajo Bold im April 2011

AM SANDE SOLL KÜNFTIG EINE MANNSHOHE SANDUHR AN DIE VERGÄNGLICHKEIT ERINNERN

Sie zählt zu den ersten Zeitmessgeräten und steht vor allem in häuslichen Szenen historischer Kunstwerke als Symbol für die Vergänglichkeit alles Irdischen. Das Leben und die (wie Sand verrinnende) Lebenszeit sind eben doch nur von kurzer Dauer, im Vergleich zur Ewigkeit.

Bekannt ist sie seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts als gläserne Uhr, auch „Stundenglas“ genannt. Soll ihre Laufzeit mehrere Tage oder Wochen betragen, muss sie von enormer Größe sein. In Budapest und in der japanischen Stadt Nima rieselt der feine Sand sogar ein ganzes Jahr durch das gläserne Innenleben. Ein weiterer ‚Gigant‘ steht seit 2008 auf dem Roten Platz in Moskau. Zum bevorstehenden Hansetag, der 2012 in unserer Stadt begangen wird, hat man mit einem solchen Zeitmesser Großes vor: Der Platz „Am Sande“ gehört zu den ältesten und schönsten in Lüneburg. Er war im Mittelalter ungepfl astert — und eben recht sandig. Daran und auch an die Blütezeit des Salzhandels mit ihrem „weißen Gold“ soll künftig eine Sanduhr erinnern, für die man noch nach spendenfreudigen Sponsoren sucht. In ihrer Form soll sie sich, so heißt es, zeitgemäß und zeitlos zugleich zeigen. Das Material Messing, das man zurzeit favorisiert, fügt sich in Anlehnung an die alterwürdige Architektur farblich in das Lüneburger Stadtbild ein. Ein Entwurf ist bereits von einem süddeutschen Handwerksbetrieb erstellt worden, nur die fi nanzielle Umsetzung bereitet den Entscheidern unserer Stadt noch Kopfzerbrechen.

EIN ENTWURF IST BEREITS VON EINEM SÜDDEUTSCHEN HANDWERKSBETRIEB ERSTELLT WORDEN, NUR DIE FINANZIELLE UMSETZUNG BEREITET NOCH KOPFZERBRECHEN.

Einer, der die Idee von Anfang an als positiv bewertete, ist IHK-Präsident Eberhard Manzke. Er gab bereits die Zusage, das ‚weiße, rieselnde Gold‘ in der Uhr in Form von weißem Quarzsand zu stiften. Ein weiterer Mitstreiter könnte die Deutsche Telekom sein, die im oberen Gehäuse der Sanduhr einen „Hotspot“ vorschlug: Passanten könnten so künftig auf dem Platz mit WLAN oder WIFI kabellos im Internet surfen. Der Deutsche Wetterdienst zeigt bereits mit der Einrichtung einer Wetterstation Interesse, die dann im Fuß der Uhr für jedermann ablesbar sein würde. Eine Innovation wäre dabei die Messung der radioaktiven Strahlenbelastung in der Einheit ‚Sievert‘.

ZWEI WEBCAMS, DIE IN OST-WEST-RICHTUNG IM ‚KOPFBEREICH’ DER UHR AUSGERICHTET WERDEN, SOLLEN SO GENANNTE „LIVE“-STREAM-BILDER AN DAS INTERNET SENDEN.

Auch zwei Webcams, die in Ost-West-Richtung im Kopfbereich der Uhr ausgerichtet werden, sollen so genannte „Live“-Stream-Bilder an das Internet senden und das ‚Sand-Geschehen‘ wiedergeben. So könnte von jedem Ort der Erde über das Internet der Platz Am Sande aufgesucht oder ersurft werden. Der Großteil der Kosten entsteht durch die Herstellung des stabilen Messinggehäuses und des riesigen Glaskolbens, deren Höhe allein jeweils etwa 2,50 Meter betragen soll. Vorgesehen ist, dass der Quarzsand in der Stunde Null mit einer Vakuumpumpe wieder in den oberen Glaskolben zurückgesaugt wird, dadurch liefe die Uhr ständig im Stunden- bzw. Tagesrhythmus. Das Betriebssystem der Hightech-Sanduhr wird mittels einer Solaranlage aufrechterhalten. Diese liefert über eine Speicherbatterie auch den Strom für eine Nachtbeleuchtung in LED-Lichttechnik. In den dunklen Abend- und Nachtstunden trifft vom Kopfteil aus eine Projektion mit News, Werbung und Hinweisen auf Veranstaltungen auf eine geglättete Sand-Fläche vor der IHK.

Wann sich die besondere Atmosphäre der verschiedenen Giebelhäuser des von der St. Johanniskirche und der Industrie- und Handelskammer fl ankierten Platzes in der Sanduhr allerdings widerspiegeln werden, ist noch offen. Bis zum Herbst müssten die Finanzmittel in trockenen Tüchern sein, damit die Umsetzung des Projekts zum April 2012 erfolgen könnte – genügend Zeit, um auf dem Hansetag ein neues Wahrzeichen der Stadt präsentieren zu können: Die Sanduhr „en miniature“ – das wäre sicherlich ein reißender Verkaufsschlager!