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Mit der Taschenlampe unterwegs

geschrieben von Christane Bleumer im Mai 2018

Im Mai beginnt die Saison der Kirchenführer in St. Johannis. Jeden Samstag um 12.00 Uhr sowie sonntags gegen 11.15 Uhr werden die Besonderheiten des Gotteshauses beleuchtet

Jeder hat seinen ganz persönlichen Lieblingsort. Für Reinhard Dahlhaus ist es die prächtige Orgel in der St. Johanniskirche zu Lüneburg. „Ich war früher selbst einmal Orgelschüler“, berichtet er, und so kann er nur voller Bewunderung auf die berühmte Renaissance- und Barock-­Orgel schauen, auf der schon der junge Johann Sebastian Bach spielte. Eines der favorisierten Objekte von Gudrun Jesussek ist ein Epitaph im vorderen Bereich der Kirche. Das Grabdenkmal des ehemaligen Lüneburger Bürgermeisters Stöterogge befindet sich an einem mächtigen Pfeiler und zeigt ein faszinierendes Bildprogramm, das auch Themen der Reformationszeit aufnimmt. „Das erläutere ich den Gästen immer besonders gerne“, sagt Gudrun Jesussek. Auch der Wandelaltar aus dem 15. Jahrhundert mit seinem geschnitzten Schrein und den kostbaren Tafelge­mälden von Hinrik Funhof gehört zu ihren Lieblings­stücken. Gemeinsam mit Reinhard Dahlhaus und sieben weiteren Geschichtsbegeisterten wie auch Anja Dagmar Kluck gehört sie zu den ehrenamtlichen Kirchenführern, die sich für das prächtige Gotteshaus direkt am Platz am Sande begeistern. Ab Mai führen sie wieder regelmäßig Gäste durch die Kirche. Dann beginnt die Saison, und jeden Samstag um 12.00 Uhr sowie immer sonntags nach dem Gottesdienst gegen 11.15 Uhr besteht für Interessierte die Möglichkeit, die Besonderheiten von St. Johannis kennen zu lernen. „Angemeldete Gruppen führen wir das ganze Jahr“, erklärt Reinhard Dahlhaus. „Bei diesen Führungen stellen wir uns gern auf die individuellen Interessen unserer Gäste ein und bieten daher auch Führungen zu besonderen Themen an, wie etwa zum Altar, zu der Orgel, den diversen Mariendarstellungen oder den Kirchenfenstern.“ Auch die Dauer der Führung könne stets nach Bedarf vereinbart werden, betont der Mediziner, der sich nun im Ruhe­stand mit ganzem Herzen dieser Aufgabe widmet. „Es ist sehr erfüllend, macht viel Spaß und ich habe seitdem eine Menge gelernt“, fasst er seine Erfahrungen zusammen.

Die Kirchenführer eint ihr Interesse und ihre Liebe zu diesem eindrucksvollen Bau. „Die St. Johanniskirche ist eine fünfschiffige Hallenkirche aus dem 14. Jahrhundert und gehört zu den schönsten Zeugnissen norddeutscher Backsteingotik“, er­läutert Anja Dagmar Kluck. Sie ist immer wieder erstaunt, wie unendlich groß die Zahl der Schätze ist, die diese Kirche im Herzen der Stadt zu bieten hat. Auch Gudrun Jesussek kann sich nicht sattsehen. Ausgestattet mit einer kräftigen Taschenlampe ist sie unterwegs, um zahlreiche Details besser sichtbar zu machen und ihre eigene Faszination auch den Gästen zu vermitteln. „Ich ent­decke eigentlich jeden Tag etwas Neues.“ Sie gehört seit 2007 zur Runde der ehrenamtlichen Kirchenführer. „Damals wurden wir vom inzwischen emeritierten Lüneburger Superintendenten Martin Voigt geschult“, erinnert sie sich. Dessen reich bebilderter Kirchenführer ist auch heute noch eine ganz wichtige Informationsquelle für die ehrenamtlichen Helfer. „Bei etlichen Themen und Fragen ist aber auch das ­Museum Lüneburg ein kompetenter Ansprechpartner“, freut sich Gudrun Jesussek über die gute Zusammenarbeit mit dieser Institution, die den Kirchenführern hilft, ihren Wissenstand stetig zu erweitern.
Dies betrifft einerseits die Baugeschichte der fünfschiffigen Hallenkirche, aber auch die Architektur und ihre symbolische Bedeutung. Ebenso bedeutsam ist aber auch die besonders reiche Ausstattung der St. Johanniskirche. Glücklich ist Anja Dagmar Kluck, dass St. Johannis keinen Bildersturm erleben musste. „Trotz Reformation sind unzählige Schätze aus katholischer Zeit erhalten geblieben. Auf der einen Seite verfügt die Kirche zum Beispiel über einen prächtigen Marienleuchter, während sich in anderen Kunstgegenständen protestantisches Gedankengut zeigt.“
Die Kirchenführer laden nicht nur die Gäste der Stadt, sondern natürlich auch Lüneburger ein, die St. Johanniskirche neu zu entdecken, damit sie genauso wie Gudrun Jesussek „die großzügige Weite dieses Gotteshauses erkennen, die sich besonders bei schönem Licht offenbart.“(cb)
Fotos: Enno Friedrich; privat

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