Mit Kraft und Konzentration
geschrieben von Christiane Bleumer im September 2016Beim BSC Wendisch Evern lässt sich das Bogenschießen erlernen

Bogenschießen hat eine lange Tradition. Etwa 15.000 Jahre alte Höhlenzeichnungen von Menschen mit Pfeil und Bogen zeugen von der langen Geschichte dieser Schießsportart. Auch heute fasziniert dieser Sport, und zunehmend jüngere Menschen lassen sich auf dieses harmonische Zusammenspiel von Konzentration, Kraft und Ausdauer ein. Ganz gleich in welchem Tempo der Pfeil am Ende auf sein Ziel zuschnellt: Bei der Vorbereitung des Schusses muss der Schütze zu innerer Gelassenheit und Ruhe finden, um so präzise wie möglich das Ziel zu treffen.
Einer, der ebenfalls dem Reiz des Bogenschießens erlegen ist, ist der Melbecker Manfred Reinecke. Schon 1980 hat er diese Sportart im Ruhrgebiet kennen gelernt, als er dort für einige Zeit lebte. Seine Begeisterung führte dazu, dass schließlich im Januar 1983 der Bogensportclub Wendisch Evern gegründet wurde, dem Reinecke bis heute als 1. Vorsitzender vorsteht. „Damals waren wir die Vorreiter einer Sportart, die heute auch in vielen Schützenvereinen als Extraabteilung angeboten wird“, berichtet er rückblickend. Der Verein habe damals mit zehn oder zwölf Mitgliedern begonnen, erinnert er sich. Heute gehören 124 Personen dem Verein an. „Davon sind mehr als 30 unter 18“, so der Vorsitzende, der sich über den ungebrochenen Zuspruch freut.
Der Reiz und gleichzeitig die Herausforderung des Bogenschießens bestehen vor allem darin, dass beim Zielvorgang nicht zwei Visierpunkte wie Kimme und Korn zur Deckung gebracht werden können. Der Erfolg beim Treffen des Ziels ist also vor allem ein Produkt aus Körperbeherrschung, Konzentrationsfähigkeit sowie der Gleichmäßigkeit und Wiederholbarkeit von Bewegungen.
Heute wird diese Schießsportdisziplin im Freien über verschiedene Distanzen von 30 bis 90 Metern durchgeführt. In der Halle dominiert die 18 Meter Distanz, dafür wird auf deutlich kleinere Scheiben geschossen. Der Schütze ist jeweils mit einem Arm- und Brustschutz ausgestattet, um Verletzungen zu vermeiden. Aus dem frühzeitlichen einfachen Weidenstock, der mit einer Sehne gespannt wurde, sind im Laufe der Zeit hoch technisierte und physikalisch ausgeklügelte Sportgeräte entstanden. „Am ehesten erinnern noch die so genannten Blankbögen an die Zeit von Robin Hood“, sagt der Vereinsvorsitzende. Recurve- und besonders die Compoundbögen bilden bereits die Hightech-Generation, die mit weniger Kraft gehalten werden können. Die Wurfarme des Bogens sind zumeist aus Carbon- oder Glasfaser gefertigt. Gezielt wird überwiegend mit Hilfe einer Visierung.
Je nach Stärke des Bogens kann der Pfeil über große Distanzen fliegen. „Ich selbst habe einen Pfeil auf 250 Meter geschossen“, berichtet Manfred Reinecke. Konfuzius werde nachgesagt, er habe mit einem Pfeil sogar die Distanz von 700 Metern überwunden. Je stärker die Spannkraft des Bogens und je länger der Auszug der Sehne ist, desto schneller, weiter, geradliniger und durchschlagskräftiger fliege der Pfeil.

Der BSC-Platz im Niendorfer Weg ist idyllisch gelegen, war früher eine Kuhweide mit entsprechenden Unebenheiten. „In Eigenarbeit haben wir dieses Gelände 1990 planiert, später dann mit einer Überdachung und einem stabilen Gerätehaus versehen.“ Nun bietet der Verein auf dem großen Gelände bei Bedarf rund 50 Schießscheiben. Das Motto beim Training lautet „Alle ins Gold“, denn das Zentrum der Scheiben ist gelb gefärbt. „Dann kommt rot, blau, schwarz und weiß — und schließlich als letzte Farbe grün“, erläutert Manfred Reinecke augenzwinkernd, bedeutet grün doch, dass der Schütze nicht die Scheibe, sondern stattdessen die Wiese getroffen hat.
Das passiert Lara Elvers nicht mehr, denn mit ihren 14 Jahren ist sie eines der großen Talente, die der BSC im Laufe der Jahre hervorgebracht hat. Die junge Sportlerin ist seit rund vier Jahren Vereinsmitglied und hat es in dieser Zeit schon zu manchen Titeln als Landesmeisterin gebracht. Erst kürzlich war sie bei den Deutschen Meisterschaften in München dabei. Ebenfalls ein sehr erfolgreiches „Eigengewächs“ des Vereins ist Jannis Kramer. Der 18-Jährige lebt in einem Sportinternat in Berlin, um sich dort ganz auf das Bogenschießen konzentrieren zu können. „Seine Haltung ist einfach perfekt, wie aus dem Bilderbuch“, lobt Manfred Reinecke das Talent des jungen Mannes.
Überhaupt ist der BSC bei Wettbewerben überaus erfolgreich und hat sich auch als Ausrichter diverser Veranstaltungen einen Namen gemacht. Seit 1991 finden hier jeweils im Juni nationale und internationale Sternturniere auf dem vereinseigenem Gelände statt — mit fest installierten Ampeln und mobilen elektronischen Zeitanzeigen für 36 Scheiben. Besonders stolz ist der Verein darauf, inzwischen an 34 Deutschen Meisterschaften teilgenommen zu haben. Auch Manfred Reinecke hat im Laufe der Zeit etliche Trophäen gesammelt. Der junggebliebene 73-Jährige hat sich in den vergangenen Jahren zwar mehr und mehr auf die Jugendarbeit konzentriert, schießt aber selbst ebenfalls noch mit Leidenschaft. Wer Lust hat, diesen Sport auszuprobieren, ist im Verein herzlich willkommen. „Einfach mal beim Training im Freien am Donnerstag von 16.30 bis 20.30 Uhr auf dem BSC-Platz vorbeikommen“, empfiehlt Manfred Reinecke.(cb)
www.bsc-wendisch-evern.de
Fotos: Enno Friedrich, BSC

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