Nutria – niedlicher Nager oder nutzloser Zerstörer?
geschrieben von Irene Lange im Juni 2019Längst sind sie hier heimisch geworden, zugewanderte Tierarten aus anderen Klimazonen und Kontinenten. Ob aber Nutria, Waschbär oder Marderhund überall willkommen sind, mag dahingestellt sein

n regionalen Gewässern wie an der Elbe, aber auch Ilmenau und Luhe kann eines dieser eingewanderten Tiere beobachtet werden. Es sieht aus wie ein Biber oder eine Bisamratte. Die putzige Erscheinung ist aber eine Nutria. Sobald die geringste Beunruhigung auftritt, zieht das Tier es vor, schnell die Flucht zu ergreifen. Nur, wenn es sich in die Enge getrieben fühlt, kann es vorkommen, dass es in Todesangst sogar Menschen angreift.
Dabei können die großen orangefarbigen Nagezähne durchaus schmerzhafte Verletzungen verursachen. Nutria ist ein geschickter Schwimmer, denn sie bewegt sich im nassen Element schnell und elegant. Sie gilt als ein Nagetier, das ursprünglich in subtropischen südamerikanischen Ländern verbreitet war. Dort kommt sie heute noch in Gewässern aller Art, auch Brackwasser, vor.
Nutrias, die ein Gewicht von etwa 8 Kilogramm erreichen können, sind sehr gesellige Tiere, die in Kolonien zusammenleben. Sie ernähren sich hauptsächlich von Pflanzen, die in Ufernähe an Land oder im Wasser vorkommen. Fische, Süßwassermuscheln oder Vogeleier gehören ebenfalls auf den Speiseplan. Aber auch Rinde von Ufergehölzen verschmähen sie nicht. Aber eigentlich fressen sie alles, was ihnen vor die Nagezähne kommt. Da können sie auch schon mal in die Felder einfallen und sich an den Feldfrüchten wie Mais, Möhren, Rüben oder Getreide gütlich tun.
Inzwischen haben Nutrias sich in Nordamerika, Asien, Afrika, dem Mittleren Osten und auch Europa eingebürgert. Ursprünglich waren es in Europa hauptsächlich entkommene Farmtiere ab Ende des 19. Jahrhunderts in Frankreich. Nicht nur dort wurden die Tiere gezüchtet, hauptsächlich wegen ihres wertvollen Fells, ebenso wie in Deutschland ab Mitte der 1920er Jahre. Und schmecken soll ihr Fleisch auch, weswegen es – wie es heißt – sogar als gastronomische Delikatesse angeboten wird.

Jetzt geht es den Nutrias ans wertvolle Fell. Denn sie haben sich mittlerweile derart ausgebreitet – in der Regel gibt es jährlich zwei Würfe mit jeweils bis zu sieben Jungen --, dass sie als Schädlinge betrachtet werden. Seit 2011 sieht das Niedersächsische Jagdrecht Maßnahmen zur Eindämmung der Nutriapopulation vor, das heißt, die Tiere dürfen auch im Landkreis ganzjährig bejagt bzw. mit Fallen gefangen werden. Sie gelten als invasiv, gebietsfremd und schädlich. So werden beispielsweise „Schwanzprämien“ gezahlt. Das bedeutet, jeder Jäger, der seinem jeweiligen Hegering den abgeschnittenen Schwanz eines erlegten Nutria vorlegt, erhält sechs Euro. Das Geld wird vom Wasserverband der Ilmenau-Niederung zur Verfügung gestellt. Allein im Landkreis wurden im Zeitraum von einem Jahr zwischen April 2017 und 2018 mehr als 1.200 Nutrias erlegt.
Hauptargument, Nutrias an den Pelzkragen zu gehen, ist der Vorwurf, dass sie an Gewässerufern wühlen, Böschungen zerstören und mit ihren Erdbauten sogar Deiche untergraben. Es gibt allerdings Naturschützer, die diese Ansicht nicht teilen. Vielmehr wird ihnen von dieser Seite nachgesagt, dass sie für die Gewässerreinhaltung nützlich sind. Auch wird die Friedfertigkeit der Tiere im Zusammenleben mit anderen Gattungen hervorgehoben, ja sogar die Anhänglichkeit an Menschen erwähnt. So hielt der berühmte Tierfilmer und Verhaltensforscher Professor Dr. Bernhard Grzimek eine Nutria als Haustier, die er liebevoll Purzel nannte.
Doch es ist zu bezweifeln, dass Nutrias künftig als Kuscheltiere die heimischen Sofas einnehmen könnten.
Fotos: 123rf.com © budabar, urospoteko
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