Bargeflüster
geschrieben von Caren Hodel im Januar 2013WER DIE PIANO-BAR IM BERGSTRÖM KENNT, KENNT AUCH HAJDAR HAJDARAJ; EIN MANN, DER FÜR GUTE COCKTAILS SORGT – UND FÜR EIN WUNDERBARES „ZUHAUSEGEFÜHL“

Tequila, weißer Rum, Gin, Ananas- und Zitronensaft
— Eis darf nicht fehlen — und fi nal
ein kleiner Schuss Kokossirup. Das Ganze
ordentlich schütteln, in ein Ballonglas füllen und
liebevoll mit einer sommerlich duftenden Ananasscheibe
verzieren – fertig ist der „Coco Loco“.
Es ist Freitagabend, kurz nach sechs, und die Bar
im Bergström ist, wie so häufi g, rappelvoll. Der Grund
ist vermutlich die Happy Hour oder die gekonnt
gespielte Pianomusik. Vielleicht liegt es auch an
den kostenlosen Häppchen. Aber ganz sicher ist
auch Barkeeper Hajdar Hajdaraj der Grund. Der
Kosovo-Albaner arbeitet bereits seit 16 Jahren im
Bergström, und so kennt der gelernte Hotelfachmann
nicht nur die 60 Cocktailrezepte aus der
Karte in- und auswendig, sondern auch seine Gäs te.
Er weiß, wie der Name eines jeden lautet, und er
weiß, was sie bevorzugt trinken. Immer wieder sorgt
er damit für Verblüffung – wenn er schon beim Öffnen
der schweren Glastür den Shaker schwingt und
dem Besucher noch vor dem Ablegen des Mantels
den Lieblingsdrink serviert. „Ich mag es einfach,
Menschen glücklich zu sehen“, sagt der 39-Jährige
und mixt in einer phänomenalen Geschwindigkeit
einen Mai Tai. „Sie sollen sich bei mir Zuhause
fühlen.“
Sich zuhause fühlen, das tun seine Gäste offensichtlich,
der Rechtsanwalt ebenso wie der Student,
denn der sympathische Barkeeper begegnet
jedem auf Augenhöhe und mit Respekt; auch
dann noch, wenn jemand nach zu hohem Alkoholgenuss
vom Barhocker rutscht. „Wenn man ausschenkt,
muss man auch die Konsequenzen tragen.
Niemand soll sich hier allein gelassen fühlen.“
Als Barkeeper ist Hajdar immer auch ein Stück
weit Psychologe. Gerne erzählen ihm die Gäste von
Job- und Eheproblemen. Glücklicherweise bleiben
diese preisgegebenen Interna bei ihm gut unter
Verschluss. „Das fällt unter meine Schweigepfl
icht“, sagt Hajdar bestimmt und stellt den Rum
zurück ins Regal. Ordnung ist in diesem Job das
oberste Gebot. „In Stress-Situationen muss man
blind arbeiten können. Wenn ich die Flaschen einfach
stehen lasse, bau‘ ich mich zu und das Chaos
ist vorprogrammiert“, erklärt der Bar-Profi .
Einen echten Profi erkennt man aber nicht allein
an seiner Ordnung, sondern vor allem am Auftreten,
meint Hajdar. „Die Bar ist wie eine Bühne:
Wenn dein Lächeln aufgesetzt ist, merkt es der
Gast sofort.“
Apropos Gäste

Wie ist es eigentlich mit den weiblichen
unter ihnen? Wird man als Barkeeper oft
becirct? „Da ist schon was dran“, grinst der eingefl
eischte BVB-Fan, der selbst am liebsten Gin
mit frischen Limetten trinkt; „keine Ahnung, ob
das an mir als Person liegt oder an dem was ich
tue.“ Wer an dieser Stelle an virtuose Showeinlagen
denkt, irrt. Auf diese wird nämlich ganz bewusst
verzichtet. „Natürlich kann ich einen Shaker
drehen, aber das wäre hier unpassend. Außerdem
geht bei solchen Aktionen schon auch mal etwas
daneben.“ Er konzentriere sich vor allem auf das
Wesentliche: die Cocktails. Und mit denen ist es wie
mit dem Kochen: Man muss wissen, welche Zutaten
miteinander die perfekte Harmonie eingehen,
auch, dass Wodka beispielsweise neutralisiert,
Martini beim Schütteln sein Aroma verliert und Eis
in einem guten Whiskey nichts verloren hat.
Dieses Basiswissen ist der Grundstein für die gelungenen
Eigenkreationen, die sich im monatlichen
Wechsel auf einer kleinen Extrakarte fi nden. Im
Winter sind’s die „heiligen Drei“: „Caspar“,
„Melchior“ und „Balthasar“.
An guten Abenden wie diesen wandern geschätzt
mindestens 50 der mit Finesse gemixten Cocktails
über den Tresen. Flaschen hoch, Flaschen runter,
die Ingredienzien mit hohem Tempo im Shaker
zum fi nalen Gaumenfeuerwerk mixen — tun einem
da abends nicht die Arme weh? „Klar“, meint unser
Lüneburger Profi -Mixer, und hebt lapidar die
Schultern, „man gewöhnt sich dran; es gleicht
einem guten Fitness-Training.“
Und ein solches kann nicht schaden, schließlich wird
gerade die Fensterfront der Piano-Bar versetzt, damit
noch mehr Gäste Platz haben. Alles andere
bleibt: Happy Hour (montags bis freitags zwischen
17.00 und 19.00 Uhr), kleine Häppchen, Live-
Piano und natürlich auch Hajdar Hajdaraj. Der
empfi ehlt für den verkaterten „Morgen danach“
übrigens ein ultimatives Mittel: „Bloody Mary“. (ch)
FOTO: ENNO FRIEDRICH
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