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Lüneburger Profile

geschrieben von Cristane Dittmer im April 2012

Rosi Degen

Ein Urgestein der Lüneburger Gastronomie-Szene

Dieser zierlichen, charmanten Frau traut man auf den ersten Blick nicht zu, dass sie nicht selten fünf voll beladene Teller gleichzeitig an den Tisch ihrer Gäste bringt. Rosi Degen, 48, aus Lüneburg, lebt und lacht seit fast 30 Jahren in der Lüneburger Gastronomieszene. Heute bedient sie im Comodo, achtet besonders darauf, dass der Gast zufrieden ist.

Mit dem ersten Job in der Lüner Mühle am Stint fing alles an: „Ich hatte eine Ausbildung zur Friseurin gemacht, doch schickte mich das Arbeitsamt nach einem kurzen Lehrgang dort hin. Vermutlich waren Servicekräfte gerade rar.“ Sie genoss das Nachtleben und versorgte fortan ihre Gäste mit Bier und Wein bis in die Morgenstunden. Schnell war aus einem Job ihre Berufung geworden: „Ich mag es noch heute, verschiedene Menschen kennen zu lernen und dabei immer in Bewegung zu sein.“ Trotz dessen blickte sie nicht naiv in die Zukunft: „Ich wollte nicht mein Leben lang zu Zeiten arbeiten, wo andere Menschen ihren Feierabend genießen.“ So suchte sie nach einem Job im Tagesdienst – in Lüneburg, der Stadt der Kneipen, gar nicht so einfach. Nach einer kurzen Stippvisite im Adlerhorst zog sie 1985 die Kellnerschürze im Rosenkrug an: „Es war der Traum eines jeden Kellners, denn ich hatte nur Tagdienst und sonntags und montags frei“, schwärmt Rosi Degen rückblickend. Die Atmosphäre war sehr familiär: „Wir waren ein kleines Team und verstanden uns super.“ In dieser Zeit gab es viele Stammgäste, die regelmäßig den Rosenkrug besuchten und mit ihr plauderten. Rosis Stärke: immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Auch Heino und Otto kehrte dort einmal ein: „Das war aber nicht so spektakulär, denn jeder Gast wird von mir gleichermaßen zügig und zuvorkommend bedient.“ Doch ein Erlebnis geht ihr nicht aus dem Kopf: „Einmal hatte sich eine kleine Feldmaus ins Cafe geschlichen und eine korpulente Dame sprang vor Angst auf einen Stuhl, der dann zusammenbrach.“ Darüber kann sie heute noch lachen.

Viele Kollegen hat sie kommen und gehen sehen ....

Kurz bevor der Rosenkrug geschlossen wurde, wechselte Rosi ins Café Central. Auch dort konnte die Lüneburger „Gastronomie-Seele“ einen guten Dienstplan aushandeln. Mit Wolfgang Grimme kam sie gut zurecht, doch an den merklich größeren Kollegenkreis musste sie sich erst gewöhnen, „doch die Umstellung brachte viel Gutes, denn in einem größeren Team kann jeder voneinander lernen.“ Der forsche Ton der zarten Frau hat bestimmt manchen Studenten erstaunt, der mit ihr die Lüneburger Gäste bediente: „Ich schätze es, mit jüngeren Kollegen zusammenzuarbeiten, das bringt immer ­frischen Wind in mein Leben, und es hält jung.“ Nachdem das Central zweimal verkauft wurde, beendete die Servicekraft ihre Zeit dort und wechselte ins Comodo: „Familie Dovas nahm mich herzlich in ihr Team auf. Sie schätzen meine Erfahrung.“ So arbeitet Rosi jetzt seit zweieinhalb Jahren in dem Restaurant-Café am Schrangenplatz: „Erstaunt war ich über die Ordnung und Sauberkeit in der Großküche. Zwischen Küche und Service ist der Ton hart, aber herzlich“, lacht die Kellnerin. Einige Stammgäste aus dem Rosenkrug folgen ihr bis heute.

Ja, Rosi hat sich durch ihre lange Zeit Menschenkenntnis erworben, so weiß sie schon, wem sie glauben kann: „Vor einiger Zeit bestellte sich eine ältere Dame einen Kaffee, doch als ich zum Kassieren kam, legte sie mir lediglich Trinkgeld hin und sagte, sie könne nicht bezahlen, käme jedoch später vorbei. Ich legte die Summe aus, und tatsächlich kam sie zwei Stunden später und brachte das Geld.“

Wenn Rosi nicht arbeitet, dann geht sie selbst gern aus: „Ich mag gutes Essen und Trinken, sowie lockere Gespräche.“ Sie shoppt gern in ihrer Lieblingsstadt, in der sie sich pudelwohl fühlt, weil sie hier alles hat, was sie zum Leben braucht: „Da ich in der ­schnuckeligen Innenstadt wohne, habe ich nicht mal ein Auto und kann einfach zu Fuß durch die alten Gassen schlendern.“ In ihren wilden Zeit zog sie gerne mal die „Kutte“ an und stieg auf’s Motorrad: „Ich war Mitglied im Motorradclub, doch diese Phase ist vorbei.“ Heute spielt sie noch Darts in ihrer Stammkneipe und trinkt dann noch ein Bier, um den Feierabend einzuläuten. „Verheiratet war ich auch mal, doch das Glück hielt nicht lange.“ Heute genießt sie es, in Lüneburg bekannt zu sein: „Ich habe im Laufe der Zeit viele interessante Menschen kennen gelernt und kenne die Gastro-Szene sehr gut.“

Auch wenn es mal stressig wird – Rosi behält den Überblick und stürzt sich ins Getümmel. Sie hat viele Kollegen kommen und gehen sehen, doch sie ist aus Liebe zum Beruf geblieben, dabei hat ihr ein Satz immer geholfen: „Ehrlich währt am längsten.“(cd)

Foto: Enno Friedrich